Vernichtungskrieg
Selenskyj: Russland hat keine Zukunft
30.05.2022Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland einen Vernichtungskrieg vorgeworfen.
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Nach einem Frontbesuch sprach er von schweren Schäden in der Stadt Charkiw und berichtete von Zerstörungen im Donbass. Selenskyj hatte angekündigt, darüber auch per Zuschaltung bei einem an diesem Montag beginnenden EU-Gipfel in Brüssel zu sprechen. Nach einem unangekündigten Besuch in der umkämpften Region Charkiw im Osten des Landes zeigte sich Selenskyj erschüttert.
"Schwarze, ausgebrannte, halb zerstörte Wohnhäuser blicken mit ihren Fenstern nach Osten und Norden - dorthin, von wo die russische Artillerie schoss", sagte er in einer Videobotschaft. Russland habe nicht nur die Schlacht um Charkiw, sondern auch um Kiew und den Norden der Ukraine verloren. "Es hat seine eigene Zukunft und jede kulturelle Bindung zur freien Welt verloren. Sie sind alle verbrannt."
Reise nach Kiew
Die Reise nach Charkiw war der erste bekannte Besuch Selenskyjs im Frontgebiet seit Beginn des russischen Angriffskrieges. Bei dem Besuch habe er den örtlichen Chef des Inlandsgeheimdienstes SBU entlassen, teilte Selenskyj mit: "Weil er seit den ersten Tagen des Krieges nicht für den Schutz der Stadt gearbeitet hat, sondern nur an sich gedacht hat." Der Fall sei der Justiz übergeben worden.
Selenskyj warf Russland auch die weitgehende Zerstörung der Großstadt Sjewjerodonezk im Donbass vor. Die gesamte Infrastruktur sei vernichtet, sagte er in der Videobotschaft. "90 Prozent der Häuser sind beschädigt. Mehr als zwei Drittel des Wohnbestands der Stadt sind komplett zerstört." Ständig werde die Stadt angegriffen. Moskau wolle seine Fahne auf dem Verwaltungsgebäude von Sjewjerodonezk hissen, das am dortigen Boulevard der Völkerfreundschaft stehe, sagte Selenskyj. "Wie bitter dieser Name jetzt klingt." Seit Monaten ist Sjewjerodonezk Ziel von Angriffen. Die Stadt gilt als letzter Punkt, den das ukrainische Militär in der Region Luhansk noch kontrolliert.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete die Einnahme des Donbass unterdessen als "bedingungslose Priorität". Es gehe darum, die ukrainische Armee und Bataillone aus den von Moskau als unabhängige Staaten anerkannten Gebieten Donezk und Luhansk zu drängen, sagte Lawrow dem russischen Außenamt zufolge in einem Interview mit dem französischen Sender TF1. Das Ministerium veröffentlichte die Antworten am Sonntag auf der Internetseite.
"Befreiung des Donbass"
Lawrow sprach in dem Interview erneut von einer angeblichen "Befreiung" des Donbass vom "Kiewer Regime". Er äußerte sich auch auf eine Frage zur Gesundheit Putins. Der Präsident erscheine täglich in der Öffentlichkeit, sagte der Außenminister. "Sie können ihn auf den Bildschirmen beobachten, seine Auftritte lesen und hören. Ich glaube nicht, dass vernünftige Leute in diesem Menschen Anzeichen einer Krankheit oder eines Unwohlseins sehen können."
Bei Angriffen auf ukrainische Orte wurden den Behörden zufolge mehrere Zivilisten getötet oder verwundet. Der Gouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kirilenko, machte Russland für drei Tote und vier Verletzte in dem von Regierungstruppen kontrollierten Teil der Region im Osten des Landes verantwortlich. In Mykolajiw im Süden des Landes sprachen die Behörden von mindestens einem Toten bei einem Angriff auf ein Wohnviertel. Russland bestreitet, zivile Ziele anzugreifen.