Nervenkrieg

Ukraine-AKW: Angst vor Super-GAU

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Die Lage um Europas größtes Atomkraftwerk im Süden der Ukraine bleibt weiter unklar.

Saporischschja. Mehrfach wurde zuletzt das Gebiet um die Anlage beschossen, Hochspannungsleitungen sind beschädigt worden. Alle sechs Reaktoren des Kraftwerks sind darauf vom ukrainischen Stromnetz genommen und heruntergefahren worden.

Einer der sechs Reaktoren ist seit Freitag nach Angaben der Betreibergesellschaft wieder am ukrainischen Netz. Der Reaktor baue Kapazität auf, teilte der ukrainische Staatskonzern Energoatom mit.

Erobert. Putins Armee nahm das Kraftwerk Anfang März ein. Ukrainische Ingenieure des staatlichen Energiekonzerns Energo­atom stellen aber noch immer den täglichen Betrieb sicher. Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach am Freitag nach den Zwischenfällen davon, „dass die Welt nur knapp einer nuklearen Katastrophe entronnen ist“.

Selenskyj: Einen Schritt vom Super-GAU entfernt

Warnung. Selenskyj lobte die Techniker, die die Anlage unter den Augen des russischen Militärs betreuen: „Hätte das Stationspersonal nach dem Stromausfall nicht reagiert, hätten wir bereits die Folgen eines Strahlenunfalls zu bewältigen gehabt“, sagte er. Und: „Russland hat die Ukraine und alle Europäer in eine Situation gebracht, die nur einen Schritt von einer Strahlenkatastrophe entfernt ist.“

Wladimir Rogow, ein von Russland ernannter Beamter in der besetzten Stadt Enerhodar in der Nähe des Kraftwerks, machte hin­gegen die ukrainischen Streitkräfte für den Zwischenfall verantwortlich. Sie hätten ein Feuer in einem Wald in der Nähe des Kraftwerks verursacht. Die Städte in der Gegend seien mehrere Stunden lang ohne Strom gewesen, so Rogow. Westliche Staats- und Regierungschefs haben inzwischen gefordert, dass Russland die Anlage an die Ukraine zurückgibt. UNO-Chef Antonio Gu­terres plädierte für eine „Entmilitarisierung“ der Anlage. Offen bleibt weiterhin, wann unabhängige Inspektoren ins AKW ­dürfen.

Verena Ehold, Strahlenschutz-Expertin:

"Mit Tschernobyl ist die Lage nicht vergleichbar"

ÖSTERREICH: Wie betroffen wären wir, käme es zum Super-GAU?

Verena Ehold: Das Ministerium überwacht laufend die Situation, wir sind in Kontakt mit allen Nachbarländern, der Ukraine und der Atomenergiebehörde. Saporischschja ist 1.300 Kilometer entfernt. Sollte es zu einem Zwischenfall kommen, wäre die Lage nicht mit Tschernobyl vergleichbar.

ÖSTERREICH: Warum?

Ehold: Die Anlage ist weitere 300 Kilometer weiter weg, die Reaktoren haben eine andere, modernere Technik. Sollte es dennoch zum Unglück kommen und es tritt Radioaktivität aus, haben wir neben den österreichischen Messsonden auch ein europäisches Netzwerk. Aktuell gibt es jedenfalls keine erhöhten Messwerte rund um Saporischschja. Für Österreich besetht keine Gefahr.

ÖSTERREICH: Das bedeutet?

Ehold: Ruhe bewahren. Zur Panik gibt es keinen Anlass. Selbst im schlimmsten Fall würde sich durch die Entfernung die Radioaktivität so verdünnen, dass maximal landwirtschaftliche Maßnahmen notwendig wären. Wir bräuchten nicht in den Häusern bleiben und auf keinen Fall Jod-Tabletten einnehmen.

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