In einem mit Spannung erwarteten Positionspapier, das Freitag vom Außenministerium in Peking veröffentlicht wurde, wird auch eine sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gefordert.
China hat zu einem Waffenstillstand im Ukraine-Krieg aufgerufen. In einem mit Spannung erwarteten Positionspapier, das Freitag vom Außenministerium in Peking veröffentlicht wurde, wird auch eine sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gefordert. Am Freitag jährt sich erstmals der Beginn des russischen Überfalls. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Lage im Osten und Süden des Landes als schwierig und gefährlich.
"Im Osten ist die Lage sehr schwierig und schmerzhaft. Aber wir tun alles, um dem zu widerstehen", sagte Selenskyj in einer Videoansprache am frühen Morgen des ersten Jahrestags der russischen Invasion. Pro-russische Kräfte hätten zudem die südliche Stadt Cherson beschossen und 40.000 Menschen von der Stromversorgung abgeschnitten. Einen Kompromiss mit Kremlchef Wladimir Putin lehnte Selenskyj bisher kategorisch ab.
Die Bemühungen Chinas, sich mit Vorschlägen stärker in eine Friedenslösung einzubringen, werden mit Skepsis betrachtet, da die chinesische Führung den russischen Angriffskrieg bis heute nicht einmal verurteilt hat. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Michael Roth, setzt wenig Hoffnung in die von China angekündigte Friedensinitiative. "Die Chinesen verhalten sich in diesem Krieg nicht neutral, sondern unterstützen Russland politisch und wirtschaftlich", sagt der SPD-Politiker der Nachrichtenseite ntv.de laut Vorabbericht.
"Dialog und Verhandlungen sind die einzig machbare Lösung für die Ukraine-Krise", heißt es in dem chinesischen Papier. "Konflikt und Krieg dienen niemandem. Alle Parteien müssen rational bleiben, Zurückhaltung üben und vermeiden, die Flammen anzufachen, und verhindern, dass sich die Krise weiter verschlechtert oder sogar außer Kontrolle gerät." Auch fordert China, dass die Grundsätze der Vereinten Nationen streng beachtet werden müssten.
"Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder muss wirksam aufrechterhalten werden", heißt es im ersten Punkt des Papiers, was Beobachter häufig auf die ursprünglichen Grenzen der Ukraine beziehen. Gleichzeitig wird darin aber auch gefordert, dass die "legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen" werden müssten. Hinter dieser Formulierung sehen Diplomaten einen klaren Hinweis auf die Argumentation Russlands, sich gegen die USA und die NATO verteidigen zu müssen.
China ruft in dem Dokument auch zu einer Verringerung der strategischen Risiken des Krieges auf: "Atomwaffen dürfen nicht eingesetzt werden, und Atomkriege dürfen nicht ausgefochten werden." Auch die Drohung mit dem Einsatz von nuklearen Waffen sei abzulehnen. Das Papier ist als "Position Chinas zu politischen Lösung der Ukraine-Krise" überschrieben. Diplomaten in Peking waren allerdings vorsichtig, die Vorschläge als "neue Friedensinitiative" oder "Friedensplan" zu beschreiben. Seit Beginn der Invasion Russlands in der Ukraine vor einem Jahr hatte China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin immer Rückendeckung gegeben und die USA und die NATO als eigentliche Verursacher der Krise beschrieben.
Am 24. Februar 2022 marschierten russische Truppen in das Nachbarland ein. Weltweit sind an diesem Freitag Gedenkstunden und Protestveranstaltungen geplant. Der chinesische Präsident Xi Jinping soll eine "Friedensrede" halten. In New York kommt der UN-Sicherheitsrat anlässlich des Jahrestags zusammen. In Wien findet auf Antrag der NEOS eine Sondersitzung des Nationalrats statt.
Die USA werden der Ukraine zusätzliche zwei Milliarden Dollar für die Sicherheit zur Verfügung stellen. "Wir werden sicherstellen, dass wir alles Notwendige bereitstellen, was die Ukraine braucht, um auf dem Schlachtfeld erfolgreich zu sein", sagte der nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, am Donnerstag (Ortszeit)bei einer Veranstaltung des Fernsehsender CNN. Auf die Frage nach der Bitte der Ukraine um US-Kampfflugzeuge vom Typ F-16 antwortet Sullivan, aus der Sicht Washingtons seien F-16s keine Frage für den kurzfristigen Kampf. "F-16 sind eine Frage für die langfristige Verteidigung der Ukraine."
Die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten treffen sich am Freitag zu einem virtuellen Sondergipfel. US-Präsident Joe Biden wird dabei weitere Sanktionen gegen russische Banken und Unternehmen und Personen aus dem Technologie- und Verteidigungssektor ankündigen. "Die G7 ist zu einem Anker unserer starken und vereinten Reaktion auf Russland geworden", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, am Donnerstag (Ortszeit) vor Journalisten. Man werde gemeinsam erörtern, wie die Ukraine weiterhin unterstützt und der Druck auf Russland verstärkt werden könne.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reisen nach Estland. In Berlin spricht der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue bei der zentralen Gedenkfeier.