In einem Bericht zeigten sich ukrainische Soldaten enttäuscht über die Ausbildung, die sie im Westen erhalten hatten. Sogar YouTube-Videos seien besser.
Eine zentrale Strategie der NATO in der Unterstützung der Ukraine, ist die Ausbildung ukrainischer Soldaten. Allerdings drängt sich nach neuesten Berichten der Ausgebildeten die Frage auf, wie sinnvoll es ist, die Kämpfer von der Front abzuziehen, um sie Tausende Kilometer weit entfernt in Spanien, Großbritannien oder Deutschland zu schulen?
Gegenüber der französischen Zeitung "Le Monde" äußerten mehrere Ukrainer Kritik an den Lehrgängen des Westen. "Die Arbeit verrichtet hier allein die Infanterie in kleinen Gruppen – die Strategie der Nato können wir so gar nicht anwenden. Die Nato wird es irgendwann verstehen", so etwa Ihor, der stellvertretender Kommandant einer Mörsereinheit an der Bachmut-Front im Donbass ist. "Es mangelt an Soldaten. Wir können es uns nicht leisten, auf erfahrene Soldaten zu verzichten, indem wir sie zur Ausbildung in neuen Technologien und Kampftaktiken schicken"
"NATO-Leute sollen einen Monat an die Front"
Der 28-jährige Bataillonskommandant Vadim meint, es sei gefährlich den Feind zu unterschätzen, wie es der Westen häufig tue. Russland habe keine schwache Armee, "sie haben sich sehr schnell angepasst, sie haben ein menschliches Reservoir, das wir nicht haben und Material in Hülle und Fülle." Sein Vorschlag: Die NATO-Leute für einen Monat an die Front schicken. "Sie werden sehen, dass sich die Dinge jeden Tag ändern."
Ein weiteres Problem in der Ausbildung sei die sprachliche Barriere. "Die Übersetzung war und ist ein Problem. Einmal sagten uns die Ausbilder, dass wir auf unsere eigene Sicherheit achten sollten, bevor wir an die Verletzten denken. Die ukrainischen Übersetzer verstanden: 'Wenn Sie Verwundete haben, töten Sie sie zu Ihrer Sicherheit'", erinnert sich der 24-Jährige Yeyhen an die Ausbildung. Er kämpft ebenfalls an der Bachmut-Front und wurde im Juli 2022 in Großbritannien ausgebildet.
YouTube als Ausbildungs-Alternative
Er erklärt weiter: "Die Aktivitäten im Training beschränkten sich auf Infanteriebewegungen ohne feindliches Feuer, ohne Granaten, ohne Minenfelder und ohne Scharfschützen, obwohl dies unser tägliches Leben vor Ort ist". Auch die Tiefe der Schützengräben habe sich von denen an der echten Front unterschieden. "Wir mussten zwischen den verschiedenen russischen Kriegsgeräten unterscheiden, ohne dass man uns sagte, wie wir reagieren sollten, wenn sie auf uns zukamen." Der 24-jährige Soldat besorgte sich seine Informationen schließlich auf YouTube, sowohl zum Umgang mit neuen Waffen als auch zu diversen Kriegs-Taktiken.
"Ich habe ihnen gesagt, dass die Nato-Handbücher nicht für die Ukraine gelten, etwa für den Angriff auf die Schützengräben. Sie sagten mir, dass alles im Vorfeld geschrieben worden war", erklärt Vasil (33), der im Mai 35 Tage in Großbritannien gemeinsam mit englischen und dänischen Verantwortlichen die Ausbildung von 200 Soldaten koordinierte.
Mehrmals sei es laut ihm vorgekommen, dass die Ausbilder sich YouTube zu Hilfe nahmen - insbesondere für die Planung oder um Meinungsverschiedenheiten beizulegen. "Länder, die nicht kämpfen, bringen uns das Kämpfen bei. Das Gegenteil sollte der Fall sein."