Die Ukraine warnt plötzlich vor einer neuen Mega-Offensive Russlands.
Erstmals seit Beginn der ukrainischen Gegenoffensive vor sechs Wochen versucht Russland die Initiative auf den Schlachtfeldern zurückzugewinnen. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, russische Truppen seien zwei Kilometer in die Nähe des Eisenbahnknotenpunkts Kupjansk vorgestoßen. "Seit zwei Tagen ist der Feind im Sektor Kupjansk in der Region Charkiw aktiv in der Offensive", bestätigte die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maljar den russischen Angriff per Telegram. "Es finden schwere Kämpfe statt, und die Stellungen beider Seiten ändern sich mehrmals am Tag." Der Sprecher der ukrainischen Streitkräfte an der Ostfront, Serhij Tscherewatyj, sagte, das russische Militär habe über 100.000 Soldaten und mehr als 900 Panzer in dem Gebiet zusammengezogen.
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Im vergangenen Monat hatte die Ukraine eine seit langem erwartete Offensive gestartet. Seitdem haben ihre Truppen einige Dörfer im Süden und Gebiete um die zerstörte Stadt Bachmut im Osten zurückerobert. Ein größerer Durchbruch ist bisher ausgeblieben. Die Regierung in Kiew hat erklärt, man rücke bewusst langsam vor, um hohe Verluste zu vermeiden. Der Schwerpunkt der Offensive liege vorerst auf Angriffen auf russische Nachschubwege und Kommando-Strukturen.
Hafenstadt Odessa die zweite Nacht in Folge unter russischem Beschuss
Die für den Getreideexport wichtige südukrainische Hafenstadt Odessa ist erneut unter Beschuss geraten. In der Nacht auf Mittwoch waren lokalen Medienberichten zufolge Explosionen in der Stadt zu hören. Die ukrainische Luftwaffe teilte mit, den Start von Kalibr-Raketen vom Schwarzen Meer aus entdeckt zu haben. Nähere Angaben gab es zunächst nicht. Bereits am Dienstag hatte Russland wenige Stunden nach Auslaufen des Getreidedeals die Region mit Luftangriffen überzogen.
Auch in der Hauptstadt Kiew wehren nach Angaben der Militärverwaltung die Luftabwehrsysteme einen erneuten nächtlichen Angriff Russlands ab. Alle Kamikaze-Drohnen vom Typ Shahed wurden abgefangen, hieß es am Mittwochmorgen. Bei einem Angriff auf ein Dorf im ostukrainischen Gebiet Donezk wurden fünf Menschen verletzt, darunter auch zwei Kinder. Die beiden Buben im Alter von einem und 13 Jahren hätten im Hof eines Wohnhauses gespielt, berichtete das Internetportal "Ukrajinska Prawda" am Dienstagabend unter Berufung auf örtliche Behörden.
Evakuierung auf der Krim
Auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim mussten indes mehr als 2.000 Menschen nach einem Brand auf einem militärischen Trainingsgelände evakuiert werden. Betroffen seien die Einwohner von vier angrenzenden Ortschaften, teilt der örtliche Gouverneur Sergej Aksjonow via Telegram mit. Wegen des Feuers wurde auch die Autobahn Tawrida teilweise gesperrt. Einen Grund dafür nannte Aksjonow nicht. Auf russischen und ukrainischen Telegram-Kanälen wurde berichtet, dass ein Munitionsdepot auf dem Militärgelände nach einem Drohnenangriff in Brand geraten sei.
In Odessa werde die Arbeit auch während der russischen Angriffe fortgesetzt, betonte Serhij Bratschuk, der Sprecher der Militärverwaltung der Hafenstadt. Russland versuche, "die ganze Welt in Angst und Schrecken zu versetzen, vor allem diejenigen, die für den Getreidekorridor arbeiten wollen ... Ukraine, die Türkei und die Vereinten Nationen. Aber ich denke, dass alle normalen, vernünftigen Menschen auf uns schauen werden und sagen: Odessa hatte keine Angst, hat keine Angst und wird keine Angst haben - wir werden arbeiten", so Bratschuk in einer Sprachnachricht auf seinem Telegram-Kanal.
Russland führt seit fast 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. Immer wieder Ziel von russischem Beschuss sind dabei auch die südlichen Regionen am Schwarzen Meer, die für die Ukraine aufgrund ihrer Hafeninfrastruktur von großer Bedeutung sind. Über Odessa etwa wurde in den vergangenen Monaten im Rahmen des internationalen Getreideabkommens viele Millionen Tonnen Nahrungsmittel ausgefahren. Am Montag stieg Russland aus der Vereinbarung aus.