Stadt ist seit Wochen belagert

Kadyrow: Mariupols Rathaus unter Tschetschenen-Kontrolle

24.03.2022

Die aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg im oe24-Liveticker.

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Kiew (Kyjiw)/Moskau. Tschetschenische Kämpfer haben nach Angaben von Machthaber Ramsan Kadyrow die Kontrolle über das Rathaus der seit Wochen eingekesselten südukrainischen Hafenstadt Mariupol übernommen und ihre Flagge über dem Gebäude gehisst. Im Messengerdienst Telegram veröffentlichte Kadyrow am Donnerstag ein Video, das ein Telefonat des russischen Abgeordneten Adam Delimchanow mit den "tapferen" tschetschenischen Kämpfern zeigen soll. Er kündigte zudem "Säuberungen" in Mariupol an. 

"Die Jungs geben per Funk durch, dass sie das Gebäude der Behörden von Mariupol befreit und unsere Flagge darauf gehisst haben", erklärte Kadyrow zu dem Video. Weiter schrieb er, "noch lebende" ukrainische "Banditen" hätten ihre "Positionen verlassen" und seien "geflohen".

"Weitere Einheiten rücken parallel durch die Stadt vor und säubern sie von dem Asow-Dreck", fügte er mit Blick auf die nationalistische ukrainische Asow-Brigade hinzu. "So Gott will, wird Mariupol bald vollständig gesäubert sein."

Auch der Chef der selbst ernannten pro-russischen "Volksrepublik" Donezk, Denis Puschilin, ist nach eigenen Angaben in die seit Wochen von der russischen Armee belagerte Stadt gereist, um sich ein Bild von der Verteilung humanitärer Hilfsgüter an die Bevölkerung zu machen. In einem am Donnerstag vom "Informationsministerium" der Separatistenrepublik veröffentlichten Video ist Puschilin beim Besuch eines von der russischen Armee betriebenen Hilfszentrums zu sehen.

Mariupol ist seit Wochen belagert

Auf dem Video ist außerdem zu sehen, wie in dem in einem Hangar befindlichen Hilfszentrum Nahrungsmittel an dutzende Zivilisten ausgegeben werden. Das Video konnte - wie auch Kadyrows Behauptungen - nicht von unabhängiger Seite verifiziert werden.

Mariupol ist seit Wochen von russischen Truppen belagert. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sind fast 100.000 Menschen in der Stadt von jeglicher Versorgung mit Wasser, Essen und Strom abgeschnitten.

Das ukrainische Außenministerium schrieb bei Twitter, die russische Armee habe eine "neue Phase des Terrors gegen Mariupol" gestartet und etwa 6.000 Menschen in russische Lager verschleppt.

Russischer Soldat überrollt eigenen Kommandeur mit Panzer

Der Rückhalt für den Krieg scheint in der russischen Armee allmählich zu sinken. Jetzt soll sogar ein unzufriedener russischer Soldat seinen Vorgesetzten absichtlich mit einem Panzer überfahren haben, schreibt die "Daily Mail". Der Kommandeur Oberst Juri Medwedew soll laut Bericht schwere Beinverletzungen erlitten haben. Er wurde in ein Krankenhaus nach Weißrussland gebracht.

Der Soldat wollte damit gegen die zahlreichen Verluste in der Armee protestieren, wie ein estnischer Politiker auf Twitter berichtet. Von der 1.500 Mann starken Einheit sei bereits auf die Hälfte dezimiert worden. Die Folgen für den Soldaten durch seine Aktion sind nicht bekannt. 

 

Russisches Schiff am Hafen von Berdjansk zerstört 

Am Hafen der südukrainischen Stadt Berdjansk ist es am Donnerstagmorgen zu heftigen Explosionen gekommen. Die ukrainische Zeitung "Ukrajinska Prawda" veröffentlichte auf ihrem Online-Portal Bilder, auf denen meterhohe Flammen und eine riesige Rauchsäule zu sehen sind. Laut ukrainischer Marine soll ein russisches Landungsschiff zerstört worden sein. Das Schiff soll zur Schwarzmeerflotte gehört haben.

Vorher hatte die "Orsk" laut Marine Schützenpanzerwagen und Ausrüstung nach Berdjansk gebracht. Von russischer Seite gab es zunächst keine Angaben, unabhängig überprüfen ließen sich die Berichte nicht.

Die russische Flotte hat im Schwarzmeergebiet Medienberichten zufolge insgesamt sechs derartige Landungsschiffe im Einsatz. Berdjansk ist bereits seit mehr als drei Wochen von russischen Truppen besetzt.

In sozialen Medien war zudem die Rede davon, dass ein Munitionsdepot und ein Treibstofftank in dem Hafen am Asowschen Meer zerstört worden seien. Über Opfer wurde zunächst nichts bekannt.

Ukrainer drängen Truppen bei Kiew zurück

Russische Truppen greifen nach Angaben des ukrainischen Militärs weiter zahlreiche Städte und Gebiete im ganzen Land an - sind allerdings bei der Hauptstadt Kiew am Vorrücken gehindert worden. Beim Kiewer Vorort Browary seien russische Truppen gestoppt worden, postete der ukrainische Generalstab Donnerstagnacht auf Facebook. Es sei ihnen nicht gelungen, die ukrainischen Verteidigungsstellungen zu durchbrechen, um den nordwestlichen Stadtrand der Hauptstadt Kiew zu erreichen.

Im Gebiet rund um die belagerte Stadt Isjum versuchten russische Einheiten, Abwehrstellungen der ukrainischen Streitkräfte in den südlich von Isjum gelegenen Dörfern Donezke, Topolske und Kamjanka zu durchbrechen, hieß es in dem Bericht weiter. Die Gefechte dort dauerten an. Im Gebiet Donezk sei die überwiegende Mehrheit der ukrainischen Einheiten unter Beschuss. Russische Truppen wollten in dem Gebiet vor allem die Orte Werchnoterezke, Marjinka und die Großstadt Mariupol einnehmen. Sie versuchten auch ohne Kampf die Positionen ukrainischer Truppen zu passieren und sich vorwärtszubewegen.

Gefechte im ganzen Land

Im Gebiet Luhansk konzentrierten sich die Anstrengungen auf die Städte Rubischne mit 60.000, Sjewjerodonezk mit 100.000 und Popasna mit 20.000 Einwohnern, hieß es in dem Bericht weiter. Bei Popasna versuchten sie mit Artillerie-Unterstützung weiter in die Stadt vorzudringen, was aber nicht gelinge.

Auch im Norden des Landes dauerten die Kampfhandlungen an. Russische Einheiten hätten am Mittwoch die Orte Kalinowka, Horinka, Romanowka oder die nordöstlichen Randgebiete der Hauptstadt Kiew mit Artillerie beschossen. Russische Truppen verminten in dem Gebiet auch Bereiche. Die Angaben können nicht unabhängig geprüft werden.

Erfolge bei Kiew

Laut Angaben eines Pentagon-Vertreters ist es der ukrainischen Armee gelungen, die russischen Truppen im Osten von Kiew deutlich zurückzudrängen. Die russischen Streitkräfte hätten sich dort binnen 24 Stunden mehr als 30 Kilometer weit zurückgezogen, sagte der ranghohe Vertreter des US-Verteidigungsministeriums, der anonym bleiben wollte, am Mittwoch vor Journalisten. "Wir beginnen zu sehen, wie sie sich verschanzen und Verteidigungspositionen aufbauen", fügte er hinzu.

Nicht voran kommen die russischen Streitkräfte nach Einschätzung des Pentagon auch in der Umgebung der nördlich von Kiew gelegenen Großstadt Tschernihiw. Dort säßen die russischen Soldaten zehn Kilometer vom Zentrum entfernt fest. In einigen Bereichen seien die russischen Soldaten zuletzt zurückgewichen. "Sie bewegen sich sogar in die entgegengesetzte Richtung, aber nicht viel", erklärte der Ministeriumsvertreter.

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