Bei Besuch in Bratislava

VdB: "Putin führt Kolonialkrieg gegen die Ukraine"

31.01.2023

Van der Bellen sprach sich in Bratislava klar Unterstützung der Ukraine aus: "Wir sind verpflichtet zu helfen" 

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© APA/BUNDESHEER/CARINA KARLOVITS
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Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist am Dienstag in Bratislava mit seiner slowakischen Amtskollegin Zuzana Čaputová zusammengetroffen. Dabei wurden unter anderem weitere Hilfen an die von Russland angegriffene Ukraine erörtert. Russlands Präsident Wladimir Putin führe einen "Kolonialkrieg gegen die Ukraine", so Van der Bellen. "Wir sind verpflichtet zu helfen." Čaputová sprach von einer Verteidigung der Werte, da die Unabhängigkeit der Ukraine attackiert worden sei.

Der russische Angriff habe "viele Dinge in Frage gestellt", so die Präsidentin. Ob sich der Westen bereits "im Krieg mit Russland" befinde, wie es jüngst Ungarns Premier Viktor Orban formuliert hatte, wollte Čaputová nicht direkt kommentieren. "Wir stehen auf der Seite der Hilfe, wenn die zivile Bevölkerung bedroht wird." Van der Bellen sprach in diesem Zusammenhang von "Wortklaubereien". Die Ukraine sei aus "rein ideologischen Gründen" angegriffen worden, meinte der Bundespräsident. Das Motto habe in etwa "Unterwerft euch oder wir bringen euch um" gelautet, formulierte er. Daher müsse der Ukraine bei der Verteidigung geholfen werden.

Nicht auseinanderdividieren lassen 

"Gerade jetzt, angesichts des schrecklichen Kriegs in der Ukraine und dessen wirtschaftlicher Auswirkungen auch hier in Mitteleuropa, ist es besonders wichtig, sich mit europäischen Partnern eng auszutauschen", betonte Van der Bellen. Wichtig sei, "dass wir in dieser herausfordernden Zeit zusammenstehen, uns nicht auseinanderdividieren lassen, mit einer Stimme sprechen."

Die Slowakei sei diesbezüglich hier ein wichtiger Partner und auch geografisch das direkte Bindeglied zwischen Österreich und der Ukraine. "Ausführlich haben wir uns zu den gemeinsamen Hilfsmaßnahmen sowie zu den Sanktionen gegenüber Russland ausgetauscht. Die europäische Solidarität hat gerade in Zeiten der kriegerischen Bedrohung ihr Funktionieren unter Beweis gestellt.

Weiters sagte Van der Bellen, er habe sich ganz bewusst dazu entschieden, schon wenige Tage nach seiner Angelobung in die Slowakei zu reisen, nämlich aus persönlicher Wertschätzung seiner Amtskollegin gegenüber, aber auch angesichts der "ausgezeichneten bilateralen Beziehungen unserer beiden Staaten".

Enge Beziehungen

Die Slowakei und Österreich würden enge wirtschaftliche, kulturelle und menschliche Beziehungen verbinden, erinnerte der Bundespräsident. "Österreich zählt - neben Deutschland und den Niederlanden - mit 6,7 Milliarden Euro zu den größten ausländischen Investoren in der Slowakei. Rund 2.000 österreichische Firmenniederlassungen sind in der Slowakei tätig.

"Über 45.000 Slowakinnen und Slowaken leben in Österreich, insbesondere im grenznahen Raum und in Wien", hielt der Bundespräsident fest. "Fast 40.000 weitere pendeln täglich aus der Slowakei nach Österreich - oftmals zu herausfordernder Arbeit im Pflege- und Gesundheitsbereich. Sie alle leisten in Österreich einen wichtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beitrag."

"Neben dieser engen Verflechtung arbeiten wir gemeinsam daran, unsere beiden Länder noch näher zusammenzubringen", erinnerte das Staatsoberhaupt. "Ein Beispiel ist das grenzüberschreitende Rettungsabkommen, das künftig die Barrieren bei der medizinischen Versorgung weiter abbauen soll."

Einigkeit herrsche auch bei den Themen Energie, betonten Van der Bellen und Čaputová unisono. Der Bundespräsident formulierte: "Wir dürfen unsere Bemühungen gegen die Klimakatastrophe - unsere große, gemeinsame Verantwortung und Aufgabe - nicht aus den Augen verlieren. Die Zeit drängt. Der Klimanotstand ist ein Wettlauf gegen die Zeit."

In Zukunft würden Österreich und die Slowakei auch in Energiefragen enger kooperieren, meinte Čaputová, die sich auch freute, dass Van der Bellens erste Reise nach seiner Angelobung nach Bratislava geführt habe. Mit dem Bundespräsidenten komme "die Weisheit und Erfahrung zu einem guten fachlichen Austausch", so die 49-jährige Präsidentin zum 30 Jahre älteren Amtskollegen. Da die Slowakei aktuell noch sehr vom russischen Gas abhängig sei, bestehe großes Interesse, in Sachen Energiediversifizierung mit Österreich tiefer ins Gespräch zu kommen. Immerhin sei Österreich ein Vorreiter in Sachen Erneuerbare Energien und grünen Technologien. "Wasser, Wind und Sonne, da können wir noch lernen."

In Anspielung auf die zahlreichen Windräder im Marchfeld nahe der slowakischen Grenze fügte die Präsidentin scherzhaft hinzu: "Ich hoffe, dass der Wind in Österreich immer gut weht und dann für die Slowakei auch noch etwas übrig bleibt." Van der Bellen erinnerte daran, dass Österreich bereits vor Jahrzehnten beschlossen habe, keine Atomkraftwerke zu bauen. Diesbezüglich gebe es eventuell leichte Dissonanzen mit der Slowakei. Aber so lange der Informationsaustausch funktioniere, "sind wir zufrieden."

Bezüglich der Migrationsfrage und der jüngsten Diskussionen über den Schengenraum, waren beide Staatsoberhäupter der Meinung, dass auf europäischer Ebene eine Lösung gefunden werden müsse, dass es künftig innerhalb des Schengenraums keine Grenzkontrollen mehr gebe. Van der Bellen verwies auch darauf, dass Österreich vom Asylthema sehr betroffen sei. Das Thema werde von mancher Seite aber auch hochgespielt, räumte der Bundespräsident ein. Am Nachmittag stand für ihn noch ein Treffen mit Slowakei Premier Eduard Heger auf dem Programm.
 

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