Ukraine-Krise
Jazenjuk: Putin plant "neue Weltordnung"
30.04.2014
Der IWF bewilligte am Mittwoch Milliarden-Hilfen für die Ukraine.
Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk geht nach eigenen Worten davon aus, dass der russische Präsident Wladimir Putin die Kontrolle über alle ehemaligen Sowjetrepubliken zurückgewinnen will. "Seine Pläne gehen über die Ukraine hinaus", sagte Jazenjuk der Zeitung "Die Zeit" laut Vorabbericht vom Mittwoch.
"Er will eine neue Weltordnung. In dieser neuen Weltordnung ist Russland wieder mächtig, eine Kopie der Sowjetunion." Putin wolle mit den russischen Streitkräften und seinen Atomwaffen die ganze Welt einschüchtern.
Als Russland die Krim eingegliedert habe, hätten alle gedacht, wenn man sie Russland gebe, werde Ruhe herrschen, sagte Jazenjuk. Nun erlebe man eine Aggression im Osten der Ukraine. Deshalb könne man niemand ernsthaft glauben, dass es diesmal nur um Donezk gehe. Es gebe zudem Gespräche zwischen russischen Politikern und den "von ihnen angeführten Terroristen", sagte der Chef der Übergangsregierung. "Sie beweisen eindeutig, dass Russland die Finger im Spiel hat und versucht, die Situation in der Ukraine zu destabilisieren."
Milliarden-Hilfen
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Kredithilfen für die Ukraine in Höhe von 17 Milliarden Dollar (12,3 Milliarden Euro) für zwei Jahre freigegeben. Das entschied der Exekutivrat der Organisation am Mittwoch (Ortszeit) in Washington.
Referendum über territoriale Integrität
Die ukrainische Regierung plant für den 25. Mai ein Referendum über die territoriale Integrität des krisengeschüttelten Landes. Am selben Tag ist die Präsidentenwahl geplant. In der Befragung solle es um die nationale Einheit und eine Föderalisierung gehen, so Jazenjuk. Das Kabinett wolle einen entsprechenden Gesetzentwurf ins Parlament einbringen. In weiten Teilen der Ost- und Südukraine haben allerdings prorussische Aktivisten die Macht übernommen, die eine Abspaltung von Kiew anstreben. Sie planen eigene Referenden für den 11. Mai.
Armee in Alarmbereitschaft
Die Ukraine hat zuvor ihre Armee in einen "totalen Alarmzustand" versetzt, die Streitkräfte seinen in "voller Kampfbereitschaft". Das teilte Übergangspräsident Alexander Turtschinow am Mittwoch in Kiew mit. Bei einer Kabinettssitzung sagte Turtschinow, die Bedrohung durch einen von Russland angezettelten Krieg gegen die Ukraine sei real.
Die ukrainische Streitkräfte wappneten sich gegen eine mögliche Invasion der an der Grenze zusammengezogenen russischen Truppen, so der Interimspräsident. Turtschinow sagte weiter, "oberstes Ziel" der Regierung sei es, dass sich "der Terrorismus" nicht von den östlichen Regionen Donezk und Lugansk (Luhansk) auf den Rest des Landes weiter ausdehne. "Wir haben uns entschlossen, vor Ort Milizen zu gründen, die aus Freiwilligen aus jeder Region bestehen", sagte der Übergangspräsident.
Separatisten hatten am Mittwoch weitere Regierungsgebäude im Osten der Ukraine besetzt. In Horliwka hätten sie praktisch ohne Widerstand der Polizei deren Einrichtungen und die der Verwaltung übernommen, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Polizeikreisen in Donezk. Horliwka liegt etwas nördlich von Donezk und ist mit 300.000 Einwohnern etwa so groß wie Bonn.
Am Dienstag hatten Separatisten den Gouverneurssitz in Lugansk (Luhansk) gestürmt. Ungeachtet der ukrainischen Militäroffensive gegen die Rebellen halten diese nun öffentliche Gebäude in etwa einem Dutzend Städten besetzt.
Putin will Krim besuchen
Russlands Präsident Wladimir Putin wird Medienberichten zufolge zum Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkriegs erstmals die annektierte ukrainische Halbinsel Krim besuchen. Die Zeitung "Kommersant" und die Nachrichtenseite "Gazeta.ru" berichteten am Mittwoch, Putin könnte an der zum Jahrestag am 9. Mai abgehaltenen Militärparade im Schwarzmeerhafen Sewastopol teilnehmen.
"Kommersant" zitierte einen Vertreter des Verteidigungsministeriums mit der Aussage, der Besuch an dem Flottenstützpunkt müsse noch vom Kreml bestätigt werden. Den Berichten zufolge könnte Putin zunächst die Hauptparade auf dem Roten Platz in Moskau abnehmen, bevor er auf die Krim fliegt.
Putin hat die Feiern zum Sieg über Nazi-Deutschland wiederholt für patriotische Reden genutzt. Der Kreml bezeichnet die Mitglieder der pro-europäischen Übergangsregierung in Kiew, an der mehrere ultranationalistische und rechtsextreme Gruppen beteiligt sind, als "Faschisten" und "Nazis". Die Eingliederung der Krim nach einem umstrittenen Referendum im März begründete Moskau mit der notwendigen Verteidigung russischer Bürger.