Flug MH17
Ukraine: Polit-Schlacht am Trümmerfeld
20.07.2014Europa und die USA erhöhen den Druck auf Russlands Putin wegen zögerlicher Aufklärung.
Die Geduld ist zu Ende: Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron drohen Russlands Wladimir Putin mit Sanktionen. Das ist das Ergebnis einer intensiven Telefonkonferenz am Sonntag. Putin soll umgehend Druck auf die prorussischen Separatisten in der Ukraine ausüben, damit die OSZE-Mission zur Klärung der abgestürzten Malaysia-Maschine (298 Tote, erst 196 Leichen geborgen) fortschreiten kann. „Den Ermittlern muss ein ungehinderter Zugang ermöglicht werden“, heißt es.
Angehörige geschockt: Was passiert mit den Leichen?
Das war bis Sonntag nicht passiert. Die Lage vor Ort ist unübersichtlich. OSZE-Beobachter konnten lediglich Kühlwaggons inspizieren, in denen Leichen aufbewahrt werden. „Die OSZE konnte die Zahl der Leichen aber nicht überprüfen“, sagt Sprecher Michael Bociurkiw. Experten durften auch nicht in eine Leichenhalle in Donezk. Nach 102 verbleibenden Leichen wird noch gesucht. Angehörige sind geschockt.
US-Außenminister Kerry: »Rakete kam von Russland«
Laut OSZE riegeln Separatisten weiter das Trümmerfeld ab, haben Beweise entfernt. Reporter Paul Ronzheimer, der für Bild vor Ort ist, berichtet von Plünderungen, aggressiven Separatisten und Artilleriefeuern (siehe Interview rechts). Die Rebellen garantieren nur bei einer Waffenruhe für die Sicherheit der Ermittlerteams.
Auch der Druck auf Moskau aus den USA wächst: Laut US-Außenminister John Kerry ist das Buk-Raketensystem, mit dem der Jet abgeschossen worden sein soll, von Russland gestellt. Fotos des ukrainischen Geheimdienstes von Rauchschwaden der Raketen und von Lkws, die Buk-Raketen nach dem Abschuss außer Landes bringen, nähren den Verdacht. Aufnahmen von der Unfallstelle zeigen, wie Männer in Overalls die rote Blackbox wegtragen.
Reporter: "Leichen verschwinden hier"
Der deutsche Kriegsreporter schaffte es nahe an die Absturzstelle des Flugs MH 17.
ÖSTERREICH: Was sahen Sie an der Absturzstelle?
Paul Ronzheimer: Nackte Leichenteile, die noch angeschnallt waren. Einzelne Arme, Beine, Stofftiere und Kinderbücher auf den Feldern, überall Wrackteile. Im Hintergrund hörten wir Artilleriefeuer, der Krieg geht hier einfach weiter, etwa in Lugansk. Auffällig ist: Wertgegenstände fehlen, es wird hier geplündert.
ÖSTERREICH: Angeblich wurden die Leichen weggebracht?
Ronzheimer: Viele Leichen befinden sich in Zugwaggons, die OSZE hatte dort aber nur begrenzt Zugang. Wir waren bei einer Leichenhalle in Donezk, durften aber nicht rein. Alle fragen sich: Was passiert mit den Leichen?
ÖSTERREICH: Wie begegnen Ihnen die Separatisten?
Ronzheimer: Die Separatisten waren sehr aggressiv. Das ist die Truppe von Igor Strelkow, die gefährlichen Slawjansk-Truppen.
(prj)