EU-Wahl

Ungarn: Schwere Verluste für Viktor Orban

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In Ungarn hat die übermächtige Regierungspartei Fidesz von Premier Viktor Orbán am Sonntag zwar die EU-Wahlen gewonnen. Allerdings verzeichnete sie mit knapp 45 Prozent das schwächste Ergebnis seit dem EU-Beitritt Ungarns 2004.  

Für den neuen Oppositionsstar Péter Magyar und seine Partei TISZA sind hingegen fast 30 Prozent und sieben Mandate aus dem Stand ein Megaerfolg.

Das Auftauchen von Magyar, ehemaliger Funktionär aus dem Fidesz-Umfeld und Ex-Mann der früheren Justizministerin Judit Varga, hatte in den vergangenen Monaten das politische Leben in Ungarn völlig aufgemischt. Der 43-Jährige hatte im Februar die öffentliche Empörung um die Begnadigung des Helfershelfers eines Pädophilen durch die später zurückgetretene Staatspräsidentin Katalin Novák genutzt, um sich vom Orbán-System loszusagen.

Opposition umgekrempelt 

Er prangert Korruption und Freunderlwirtschaft an und verspricht ein neues, besseres Ungarn. Seine mehrmonatige Tour, die ihn in fast 200 Städte und Gemeinden im ganzen Land führte, gestaltete sich als Triumphzug: Tausende kamen zu seinen Auftritten, selbst in Städten, die lange als Fidesz-Hochburg gegolten hatten. Seine Partei TISZA gewann in Umfragen schnell an Zuspruch und kletterte innerhalb von Wochen von anfangs 15 auf letztlich fast 30 Prozent.

Obwohl sich Magyar als Herausforderer von Orbán positioniert und ihn bei den Parlamentswahlen 2026 ablösen möchte, hat sein Auftreten bisher vor allem die Opposition umgekrempelt. Diese bestand seit Jahren aus einer Schar von Kleinparteien, mit der sozialdemokratischen Demokratischen Koalition (DK) von Orbáns Lieblingsgegner, Ex-Premier Ferenc Gyurcsány, als größter Kraft. Gyurcsány und seine Ehefrau Klára Dobrev, die als Gesicht von DK fungiert, bemühen sich seit Jahren, die Kleinparteien "einzuschmelzen" und sich als dominante Kraft der Opposition zu positionieren. Dieser interne Machtkampf führte bisher allerdings meist zu einer fortlaufenden Schwächung der Oppositionskräfte gegen Orbán.

Wahlschlappe für DK

Das Auftreten von Magyar und TISZA verpasste DK nun eine schwere Wahlschlappe: Sie rutschte in den einstelligen Bereich ab, die Anzahl ihrer EU-Mandatare halbierte sich auf zwei. Weitere Parteien hatten da kaum eine Chance: Die liberale Momentum verlor ihre beiden Mandate, lediglich die rechtsextreme Partei Mi Hazánk (Unsere Heimat) konnte sich erstmals ein Mandat sichern.

Was die Zugehörigkeit der 21 ungarischen Mandatare zu den künftigen EU-Fraktionen betrifft, so hatte Magyar bereits im Vorfeld angekündigt, dass TISZA der Europäischen Volkspartei (EVP) beitreten möchte. Das Ansinnen wurde von EVP-Chef Manfred Weber wohlwollend kommentiert. Schwieriger wird es für Fidesz, das 2021 nach jahrelangen Konflikten die EVP-Fraktion verlassen hatte und seitdem ohne Fraktion dasteht. (In der EVP blieb lediglich ihre nie selbstständig antretende Satellitenpartei KDNP mit ihrem einzigen EU-Abgeordneten sitzen.)

Orbán hatte zuletzt die Fühler vor allem in Richtung der europaskeptischen EKR-Fraktion unter Führung der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni ausgestreckt. Doch seine Russlandfreundlichkeit kommt bei der prononciert pro-ukrainischen Meloni und ihren Verbündeten nicht so gut an. Daher bleibt offen, ob die künftig elf (statt bisher zwölf) Fidesz-Abgeordneten sich überhaupt einer Fraktion anschließen können oder weiterhin fraktionslos bleiben.

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