Experten der Vereinten Nationen haben erneut vor fatalen Folgen einer israelischen Militäroffensive gegen die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens gewarnt.
"Es könnte ein Gemetzel unter der Zivilbevölkerung und ein unglaublicher Schlag für den humanitären Einsatz im gesamten Gazastreifen werden, da dieser hauptsächlich von Rafah aus geleitet wird", sagte der Sprecher des UNO-Büros für humanitäre Hilfe, Jens Laerke, am Freitag bei einer Pressekonferenz in Genf.
Der Vertreter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Palästinenser-Gebiete, Rik Peeperkorn, sagte per Videozuschaltung, dass ein Notfallplan für den Fall eines israelischen Einmarsches in der Stadt an der Grenze zu Ägypten ausgearbeitet worden sei. Dazu gehöre auch ein neues Feldlazarett. Das reiche aber nicht aus, um den zu erwartenden Anstieg der Totenzahl zu verhindern. "Ich möchte wirklich sagen, dass dieser Notfallplan ein Notpflaster ist."
Drohende Hungersnot
Nach Eindruck der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es im Gazastreifen inzwischen etwas mehr Nahrungsmittel, eine Hungersnot sei aber noch nicht abgewendet, so Peeperkorn weiter. In dem Küstengebiet läuft seit dem Herbst ein israelischer Militäreinsatz gegen die militante Palästinenser-Organisation Hamas - als Reaktion auf einen groß angelegten Terrorangriff der Extremisten in Israel am 7. Oktober.
Wie die WHO berichtete, wurden seit März mehr als 40 stark unterernährte Kinder unter fünf Jahren mit zusätzlichen Gesundheitsproblemen in Krankenhäuser gebracht. Einige Zweijährige hätten nur noch rund vier Kilogramm gewogen - normal seien zehn bis 14 Kilo. Vor dem Ausbruch der Kämpfe im Oktober habe es im Gazastreifen praktisch keine Unterernährung gegeben.
Die Konsequenzen der Unterernährung könnten nicht in kurzer Zeit mit mehr Nahrung beseitigt werden, sagte Peeperkorn. "Wir werden die Folgen über Jahre spüren", sagte er. "Wir können nicht sagen, dass das Risiko einer Hungersnot nicht mehr besteht", sagte Ahmed Dahir, der Arzt, der das WHO-Büro in Gaza leitet. Peeperkorn war in Jerusalem, Dahir im Gazastreifen. Sie sprachen über Videolink mit Reportern in Genf.
Insgesamt sind nach Angaben der palästinensischen Behörden in den vergangenen Wochen etwa 25 unterernährte Kinder gestorben. Diese Kinder seien nicht verhungert, betonte Peeperkorn, aber die Unterernährung habe zu den Komplikationen beigetragen, die schließlich zu ihrem Tod geführt hätten. Unabhängig prüfen lassen sich die Angaben der palästinensischen Behörden nicht. Die UNO-Behörden verweisen aber darauf, dass die Angaben dieser Behörden in der Vergangenheit verlässlich waren.