Durch Erschießen
US-Häftling vor blutiger Hinrichtung
15.06.2010
Der 49-Jährige hatte sich für das Erschießungskommando entschieden.
Die Entscheidung eines Ausschusses am Montag fiel einstimmig. Es gibt keine Gnade für Ronnie Lee Gardner. Und das heißt: Schreiten nicht noch Gerichte ein, wird er wahrscheinlich um kurz nach 8.00 Uhr MESZ am Freitag im Staatsgefängnis von Utah durch Gewehrkugeln sterben. Schüsse statt Giftspritze - so hatte es sich der 49-Jährige im April selbst ausgesucht, als 25 Jahre nach dem Todesurteil schließlich der Hinrichtungstermin festgesetzt wurde: 18. Juni, gleich nach Mitternacht Ortszeit.
3. Hinrichtung durch Erschießen
Gardner war vor 25 Jahren
zum Tode verurteilt worden: Er hatte bei einem Fluchtversuch in einem
Gerichtsgebäude einen Rechtsanwalt erschossen und einen Justizangestellten
schwer verletzt. Er befand sich damals in Untersuchungshaft und sollte an
jenem Tag wegen Mordes an einem Barkeeper angeklagt werden
Die letzte Hoffnungen des Gefangenen ruhen auf dem höchsten Gericht in Utah und dem Supreme Court der USA. Gardners Anwälte haben bei der höchsten staatlichen Instanz eine Aussetzung der Exekution beantragt, lehnt diese das ab, wollen die Rechtsvertreter den Obersten Gerichtshof in Washington einschalten. Rechtsexperten sind sich aber einig: Die Aussichten auf einen Erfolg sind schlecht.
Er würde zum dritten Gefangenen, der seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 in den USA durch ein Erschießungskommando getötet wird - zum dritten in Utah, das damit erneut in Schlagzeilen gerät, die es nicht will.
Journalisten aus aller Welt waren 1996 ins dortige Staatsgefängnis geströmt, als der verurteilte Kindermörder John Albert Taylor im Kugelhagel starb. Davor war es Gary Gilmore, der 1977 Sekunden vor den Schüssen seine Scharfrichter aufforderte: "Let's do it", nun macht schon.
Es wird Blut fließen
Auch jetzt kommt auf das Gefängnis in
Draper ein Ansturm von Reportern aus aller Welt zu. Ungewöhnlich: Denn ist
die Zahl der Hinrichtungen in den USA in den vergangenen Jahren
zurückgegangen, sind sie doch immer noch so häufig, dass die Öffentlichkeit
meistens kaum Notiz davon nimmt. In diesem Jahr waren es bis zum 10. Juni
27, hat das Todesstrafen-Informationszentrum in Washington aufgelistet. Aber
alle Häftlinge starben "sauber", durch eine Giftinjektion.
Bei Gardner dagegen wird Blut fließen, das, so heißt es, in einer Art
Schüssel aufgefangen wird.
Gilmore konnte sich seinerzeit für Erschießen oder Erhängen entscheiden. Er sagte, er wolle dem Staat nicht die Gelegenheit geben, sich hinter einer "unblutigen" Hinrichtung zu verstecken. Der Welt müsse die Barbarei von Exekutionen drastisch vor Augen geführt werden. Ähnlich hatte sich auch Taylor geäußert, der - wie jetzt Gardner - durch eine Giftinjektion hätte sterben können. Taylor erklärte, dass er durch die blutige Exekutionsmethode auf die Hinrichtungen in den USA als "staatlich sanktionierte Morde" aufmerksam machen wolle.
Leichter und schneller als Injektion?
Gardner hat - jedenfalls
bis zum Dienstag - nicht klar gemacht, warum er erschossen werden will. Utah
hat 2004 die Erschießungskommandos abgeschafft, nur noch davor verurteilte
Häftlinge können sie wählen. Vielleicht hat Gardner ähnliche Gründe wie
seine "Vorgänger", vielleicht hält er das blutige Sterben
aber auch für leichter und schneller als das mit der Giftspritze.
Schließlich hat es mittlerweile eine Reihe von Fällen gegeben, in denen
lange in den Armen der Delinquenten herumgestochert wurde, um eine geeignete
Vene für den tödlichen "Cocktail" zu finden, Fälle, in
denen der Todeshäftling anscheinend Qualen erlitt, weil das zuerst
verabreichte Betäubungsmittel nicht ausreichte.
Menschenrechtsorganisationen hoffen - wie auch damals bei Taylor - dass der Wirbel um Gardners Exekution die Diskussion über die Todesstrafe neu belebt. Aber zugleich befürchten sie, dass dadurch die Hinrichtungen durch die Giftspritze "human" erscheinen - was sie nicht seien. Jede Hinrichtung, so betonen etwa Amnesty International oder die Human Rights Watch, sei barbarisch: "Es gibt keine humanen Exekutionen."
Der Ablauf
Und das kommt voraussichtlich am Freitag auf Gardner
zu. Er wird auf einen Holzstuhl geschnallt. Nachdem eine Kapuze über sein
Gesicht gezogen worden ist, wird mit einem Stethoskop festgestellt, wo genau
sein Herz schlägt und die Stelle dann mit einem Stück Tuch markiert, bei
Taylor war es rot. Fünf Todesschützen stehen bereit, rekrutiert aus den
Reihen der Strafverfolgungsbehörden. Sie schießen gleichzeitig, einer von
ihnen mit einer Platzpatrone, damit offen bleibt, wessen Schüsse tödlich
waren. Das soll lebenslange Schuldgefühle verhindern. Und vermutlich werden
auch Sanitäter bereitstehen, wie damals bei Taylor: für den Fall, dass die
Augenzeugen der Hinrichtung den blutigen Anblick nicht verkraften.