Herbe Schlappe
US-Wähler strafen Obama ab
03.11.2010
Die Demokraten verlieren die Kontrolle über das Repräsentantenhaus.
Nur zwei Jahre nach seinem triumphalen Einzug ins Weiße Haus haben Amerikas Wähler den US-Präsident Barack Obama einen Denkzettel verpasst. Seine Demokratische Partei wird die Kontrolle über das Repräsentantenhaus verlieren. Im Senat hingegen behalten die Demokraten trotz Einbußen die Macht. Obama rief die Republikaner in einer ersten Reaktion zur Zusammenarbeit auf.
Demokraten im Senat weiter vorne
Die Demokraten behalten eine stabile Mehrheit im Senat. Dort werden die Demokraten künftig mindestens 52 der 100 Senatoren stellen. Die Republikaner, die mit einem Erdrutschsieg die Kontrolle über das Repräsentantenhaus übernommen hatten, hielten bei 47 Senatoren. Ein Rennen war noch offen. Im Westküstenstaat Washington hatte die demokratische Amtsinhaberin Patty Murray ebenfalls die Nase vor ihrem Herausforderer Dino Rossi.
Das Thema, das Kalifornien beschäftigte: Wird Marihuana freigegeben? Die Menschen sagten "Nein". / Foto: AP
Im Senat werden die Demokraten in jedem Fall weiter die Nase vorne haben, ihre vorher bequeme Mehrheit von 59 der 100 Mandate wird aber auf maximal 53 schrumpfen. Die Demokraten behielten die beiden New Yorker Sitze im US-Senat, in Nevada behauptete sich der demokratische Senatsfraktionschef Reid. Der 70-Jährige, der dem Senat seit fast 25 Jahren angehört, konnte sich gegen die Tea-Party-Kandidatin Sharron Angle durchsetzen, berichtete der TV-Sender CNN. Das Rennen war eines der spannendsten der Kongresswahl, der Ausgang bis zuletzt offen.
Boehner wird Präsident des Abgeordnetenhauses
Erfolgreicher als Angle war der republikanische "Tea Party-Kandidat" Rand Paul, der sich bei der Senatswahl in Kentucky durchsetzte. Paul fiel bisher vor allem durch kritische Äußerungen über die Anti-Diskriminierungs-Gesetze in den 60er Jahren auf. Neben ihm konnte sich in Florida mit Marco Rubio ein anderer prominenter Kandidat der Tea Party durchsetzen. In Delaware war die konservative Bewegung dagegen weniger erfolgreich: Dort verlor Senkrechtstarterin Christine O'Donnell nach einer CNN-Prognose bei der Wahl zum US-Senat. Sie hatte unter anderem Sex außerhalb der Ehe und Masturbation als Sünde verdammt und die Gesundheitsreform von Präsident Obama als Verbrechen bezeichnet.
Grafik: dapd
Als nahezu sicher gilt, dass John Boehner nach der Wahl zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses gekürt wird. Das macht ihn zum drittmächtigsten Mann im Staat nach Obama und dessen Vize Joe Biden. "Das amerikanische Volk hat (Präsident Obama) heute eine unmissverständliche Botschaft gesandt: Ändere den Kurs", sagte Boehner in der Nacht. Falls sich Obama für einen Kurswechsel entscheide, seien die Republikaner zur Zusammenarbeit bereit.
Sehen Sie hier die Kampfansage von Boehner:
Reublikaner können Gesetze blockieren
Der Präsident habe mit Boehner und dem republikanischen Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, telefoniert, teilte das Weiße Haus kurz darauf mit. Dabei habe Obama erklärt, "dass er sich darauf freut, mit den Republikanern zusammenzuarbeiten, eine gemeinsame Basis zu finden, das Land voranzubringen und die Dinge für das amerikanische Volk erledigt zu bekommen", hieß es weiter.
Obama wird nach der Konstituierung des neuen Kongresses im Jänner auf Stimmen der Republikaner angewiesen sein, um Gesetzesvorhaben verabschieden zu lassen. Die Republikaner werden Initiativen des Präsidenten blockieren können, der Präsident seinerseits wird Beschlüsse des Kongresses mit einem Veto stoppen können. Als Mehrheitspartei im Repräsentantenhaus werden die Republikaner künftig nicht nur den Parlamentschef stellen, sondern auch den Vorsitz der einflussreichen Fachausschüsse übernehmen. Allerdings ist es in der Vergangenheit schon häufig vorgekommen, dass die Partei des Präsidenten bei den "Zwischenwahlen" die Kontrolle über den Kongress einbüßt, so etwa die Republikaner 2006 oder die Demokraten unter Bill Clinton 1994.
Acht Gouverneursposten wandern zu Republikanern
Die Republikaner schafften es außerdem, der Obama-Partei mindestens acht Gouverneursposten abzuknöpfen: In Kansas, Oklahoma, Tennessee, Pennsylvania, Michigan, Wyoming, New Mexico und Wisconsin. Bei den Gouverneurswahlen im Bundesstaat New York und in Kalifornien erlitten die Republikaner hingegen eine Niederlage.
Tea-Party-Kandidat Carl Paladino verlor einer CNN-Prognose zufolge im "Big Apple" gegen den Demokraten Andrew Cuomo. Und in Kalifornien setzte sich Jerry Brown als Nachfolger des Republikaners Arnold Schwarzenegger gegen die frühere Ebay-Chefin Meg Whitman durch.