Rasanter Aufstieg

J.D. Vance: Das ist Trumps Vize-Kandidat

15.07.2024

J.D. Vance wandelte sich vom scharfen Kritiker zum glühenden Verehrer von Donald Trump: Nun hat der Ex-US-Präsident den 39-jährigen Senator des US-Staats Ohio als Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten auserkoren.

Zur Vollversion des Artikels
© Getty
Zur Vollversion des Artikels

Die Nominierung besiegelt die glänzende und ungewöhnliche Karriere des Mannes, der als Stimme des abgehängten Amerikas schlagartig berühmt geworden war. Vance war Soldat, Bestseller-Autor und Finanzinvestor, bevor er als Senator im Kongress in den vergangenen Jahren unermüdlich die Anliegen des Ex-Präsidenten wie etwa Wirtschaftsprotektionismus und den Kampf gegen die illegale Migration verteidigte. In anderen Fragen wie etwa bei der Abtreibung ist Vance hingegen konservativer als Trump.

Das Wahlkampfteam von US-Präsident Joe Biden bezeichnete Vance als einen "Extremisten", der das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2020 leugne und ein "nationales Abtreibungsverbot" befürworte. Zudem wolle er "die Steuern für Familien der Mittelklasse erhöhen und gleichzeitig weitere Steuersenkungen für die Reichen durchsetzen".

"Ich habe ein gutes Gedächtnis. Wenn Ihr Trump und die heute von ihm unterstützten Kandidaten bekämpft, bittet mich nicht in einem Jahr, für Euer Gesetz zu stimmen oder die Projekte, die Euch am Herzen liegen", warnte der Senator mit dem runden Gesicht, makellosem Scheitel und gepflegtem Bart Anfang dieses Jahres. Seine Kritiker spotteten über diese Worte und sahen eine gewisse Ironie: Bevor er Donald Trump mit Zähnen und Klauen verteidigt habe, habe Vance nicht mit Kritik an dem Milliardär gespart.

Vom Gegner zum Vertrauten

Tatsächlich war Vance in der Vergangenheit alles Andere als ein Trump-Fan. "Mein Gott, was für ein Idiot", twitterte er 2016 über den späteren Präsidenten. Sogar mit Adolf Hitler verglich er den Rechtspopulisten einmal. Nach seinem Wechsel in die Politik wandelte sich der Vater von drei Kindern dann aber zum glühenden Trump-Verehrer. Trump war es auch, der bei seinem Einzug in den US-Senat kräftig mithalf.

Nach dem versuchten Mordanschlag auf Trump am vergangenen Samstag zeigte der Republikaner Vance direkt mit dem Finger auf Trumps Rivalen Joe Biden. "Die zentrale Prämisse von Bidens Kampagne ist, dass Präsident Donald Trump ein autoritärer Faschist ist, der um jeden Preis gestoppt werden muss", schrieb Vance auf X und fügte hinzu: "Diese Rhetorik hat direkt zur versuchten Ermordung von Präsident Trump geführt."

Bevor er nach Washington kam, nahm sein Leben einen eher ungewöhnlichen Verlauf: Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf, im sogenannten Rostgürtel im Nordosten der USA, der gezeichnet ist vom Niedergang der Industrie. Er ging zur Armee und studierte später Jus in einer der angesehensten Universitäten des Landes, bevor er Karriere im Silicon Valley machte.

Erfolg auch als Bestseller-Autor

Schlagartig berühmt wurde Vance 2016 mit seinem autobiografischen Buch "Hillbilly-Elegie: Die Geschichte meiner Familie und einer Gesellschaft in der Krise". Darin schilderte er sein Aufwachsen in einer von Armut und Drogenproblemen geprägten Familie der weißen Unterschicht in den USA. Das Buch wurde später für den Streamingdienst Netflix verfilmt.

Zum großen Erfolg des Buchs trug bei, dass es aus der Sicht vieler eine Erklärung dafür lieferte, wie sich die weiße Arbeiterklasse in abgehängten früheren Industrieregionen für Trump begeistern konnte. Unumstritten war die "Hilbilly-Elegie" aber nicht. Manche Kritiker warfen Vance eine klischeehafte Darstellung der verarmten Bevölkerung in der Appalachen-Region vor.

Erst später näherte er sich den sogenannten Trumpisten an. Mit seinem Buch gewann er die Aufmerksamkeit des ältesten Trump-Sohns Donald Trump Jr., der ein enger Freund wurde. Dieser soll eine wichtige Rolle bei der Nominierung von Vance zum Vize-Kandidaten gespielt haben. Für Trump könnte Vance nicht zuletzt deshalb ein attraktiver Vize sein, weil der Jungsenator gut vernetzt ist und seine Fähigkeit bewiesen hat, große Geldsummen für die Republikaner aufzutreiben.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel