Joe Biden gewinnt die US-Wahl 2020 und zieht als nächster Präsident ins Weiße Haus ein.
Nach einem beispiellosen Wahlkrimi hat der Demokrat Joe Biden die Präsidentschaftswahl in den USA gegen Amtsinhaber Donald Trump gewonnen. Vier Tage nach dem Wahltag riefen die US-Sender am Samstag den früheren Vizepräsidenten schließlich zum Sieger aus. Damit endet nach vier von Affären und Skandalen geprägten Jahren die Amtszeit von Donald Trump im Weißen Haus. Dieser erkannte den Wahlsieg Bidens aber nicht an und will mit allen juristischen Mitteln dagegen vorgehen.
Die Sender CNN, NBC, CBS und ABC und danach auch der Trump-treue Sender Fox News meldeten am Samstagmittag (Ortszeit) den Sieg Bidens zuletzt auch im Schlüsselstaat Pennsylvania mit seinen 20 Wahlleuten - und damit auch den Wahlsieg insgesamt. Der 77-Jährige wird damit der 46. US-Präsident.
The historic moment when @CNN projected the winner. pic.twitter.com/Op4GwCChdE
— Wolf Blitzer (@wolfblitzer) November 7, 2020
Für den Ex-Senator bedeutet der Wahlsieg die Krönung einer mehr als vier Jahrzehnte umfassenden Karriere. Von 2008 bis 2016 war er Obamas Vize. Mit dann 78 Jahren wäre er der älteste Präsident, der in der Geschichte der Vereinigten Staaten das Amt übernimmt. Als seine Vizepräsidentin wäre die Senatorin Kamala Harris (56) die erste Frau und die erste Schwarze in diesem Amt. Auf den Straßen New Yorks und anderer Großstädte löste die Nachricht großen Jubel aus.
Harris: "Ihr habt einen neuen Tag für Amerika eingeleitet"
Die amerikanischen Wähler haben nach Ansicht der gewählten US-Vizepräsidentin Kamala Harris eine Wende in den Vereinigten Staaten eingeleitet. "Als unsere Demokratie selbst auf dem Wahlzettel stand, die Seele Amerikas auf dem Spiel stand und die Welt zuschaute, habt ihr einen neuen Tag für Amerika eingeläutet", sagte Harris am Samstagabend (Ortszeit) bei ihrer Siegesrede in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware.
Die Amerikaner hätten sich mit ihrer Wahl für Joe Biden für Hoffnung, Einheit, Wissenschaft und Wahrheit entschieden, sagte Harris. Der gewählte Präsident sei ein "Heiler", jemand, der Amerika einen könne.
Biden: "Lasst uns gegenseitig eine Chance geben"
Biden versprach, ein Präsident zu sein, der das Land einen und nicht spalten werde. Als ein Ziel nannte er, dass die USA in der Welt wieder respektiert werden. An die Anhänger von US-Präsident Donald Trump gerichtet sagt er, er verstehe ihre Enttäuschung. Er habe selbst manche Niederlagen einstecken müssen. "Lasst uns gegenseitig eine Chance geben", sagt er. Es sei Zeit, die harschen und hitzigen Worte hinter sich zu lassen.
Trump erkennt Wahlsieg Bidens nicht an
In seiner ersten Reaktion erkannte Trump den Wahlsieg seines Kontrahenten nicht an. "Fakt ist: Die Wahl ist noch lange nicht vorbei", erklärte Trump. Biden stelle sich "fälschlicherweise" als Sieger dar und werde dabei von seinen "Medien-Verbündeten" unterstützt.
Trump hatte in den vergangenen Tagen mehrfach angekündigt, das Wahlergebnis mit allen juristischen Mitteln anfechten und dabei bis vor den Obersten Gerichtshof ziehen zu wollen. Der Präsident spricht ohne jeden Beleg von massivem Wahlbetrug, mit dem die Demokraten ihm die Wahl "stehlen" wollten.
Die Erfolgsaussichten von Klagen des Trump-Teams gelten aber als gering. Auch in den eigenen Reihen ist Kritik an den Äußerungen des Präsidenten laut geworden, weil er mit dem Wahlsystem einen der zentralen Pfeiler der US-Demokratie angreift.
Trumps Amtszeit läuft noch bis zum 20. Jänner. Dann soll Biden als neuer Präsident vereidigt werden. Trump ist der erste Präsident seit 1992, der nicht wiedergewählt wurde und bereits nach einer Amtszeit das Weiße Haus wieder verlassen muss.
Den US-Sendern zufolge kommt Biden auf mindestens 273 Wahlleute. Für einen Wahlsieg braucht er mindestens 270. Der Nachrichtenagentur AP zufolge hat sich der Demokrat bereits 290 Wahlmänner gesichert. AP erklärte Biden am Samstagabend auch zum Sieger im Bundesstaat Nevada, den Bundesstaat Arizona hatte die Nachrichtenagentur AP bereits zuvor Biden zugesprochen. Die Ergebnisse zweier Bundesstaaten, Georgia und North Carolina, sind noch ausständig.
In den USA ist es üblich, dass die Präsidentenwahl auf der Basis von Prognosen großer Medienhäuser entschieden wird - normalerweise noch in der Wahlnacht. Die amtlichen Ergebnisse kommen teils erst viel später. Wegen der Corona-Pandemie hatten Millionen Amerikaner dieses Jahr aber per Brief abgestimmt, weshalb sich die Auszählung der Stimmen hinzog. Der US-Präsident wird nur indirekt vom Volk gewählt. Die Stimmen der Wähler entscheiden über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums, das den Präsidenten dann im Dezember wählt. Für einen Sieg braucht ein Kandidat die Mehrheit der 538 Wahlleute.
Biden war bei der Wahl am Dienstag als Favorit ins Rennen gegangen, das Duell verlief dann aber enger als von vielen Meinungsforschern vorhergesagt. Biden unterlag zwar im Swing State Florida, konnte aber die wichtigen Bundesstaaten Michigan, Pennsylvania und Wisconsin im Mittleren Westen von Trump zurückerobern. Er baute damit die sogenannte "Blaue Wand" aus demokratisch geprägten Bundesstaaten wieder auf, die Trump bei der Wahl 2016 eingerissen hatte. Blau ist die Farbe der US-Demokraten.
Der einstige Stellvertreter von Präsident Barack Obama wird nach vier turbulenten Trump-Jahren ein zutiefst gespaltenes Land übernehmen, das zudem von der Corona-Pandemie schwer getroffen ist. In den USA sind mehr als 236.000 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben und damit mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Trump gilt als einer der umstrittensten Präsidenten der US-Geschichte, seine seit Anfang 2017 laufende Amtszeit wurde von zahlreichen Affären und Skandalen begleitet. Der Präsident hat mit rechtspopulistischer Rhetorik, nationalistischer Politik, wüsten Beschimpfungen politischer Gegner und regelmäßigen Angriffen auf Presse und Justiz viele Menschen gegen sich aufgebracht.
Zugleich hat der Verfechter des "Amerika zuerst" eine riesige, teils fanatische Anhängerschaft. Das zeigte sich auch bei der Präsidentschaftswahl vom 3. November, bei der er Millionen Wählerstimmen mehr erhielt als 2016. Auf Bundesbene stimmten 70,3 Millionen US-Bürger für Trump und rund 74,5 Millionen Wähler für Biden.