Dem Vater von Amokläufer Kretschmer drohen Haft und Millionen-Strafe.
Hätte der Vater des Amokläufers den Massenmord verhindern können – oder sogar müssen? Dieser Frage gehen jetzt die deutschen Behörden nach. Klar ist: Als Tim Kretschmer beschloss, in seiner Schule ein Massaker anzurichten, hatte er offenbar leichtes Spiel.
Er ging ins Schlafzimmer seiner Eltern, wo sich laut Kriminalisten die Tatwaffe, eine 9-Millimeter-Pistole und die nötige Munition befanden. Die 14 anderen Waffen hingegen lagen sicher verwahrt in einem Tresor.
„Nachlässig“
Neben dem Schmerz über den
Selbstmord des Sohnes und die unfassbare Tat zuvor drohen dem Vater deshalb
nun ernsthafte rechtliche Konsequenzen. „Es deutet alles darauf hin, dass
der Vater hier nachlässig war, was das Verwahren dieser einen Waffe
anbelangt“, sagt Kriminaldirektor Ralf Michelfelder. Wenn dieser bisherige
Ermittlungsstand bestätigt wird, droht Gefängnis. „Er könnte dann auf
fahrlässige Tötung in 15 Fällen angeklagt werden“, heißt es dazu von
Anwälten.
Fünf Jahre Haft?
Denn: Jeder Waffenbesitzer ist
verpflichtet, Pistolen oder Gewehre so zu verstauen, dass nicht einmal der
Ehepartner oder die Kinder Zugang dazu haben. Und: Eigentlich müsste die
Waffe getrennt von der Munition aufbewahrt werden. Auch das war offenbar
nicht der Fall. Bei einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung drohen bis
zu fünf Jahre Haft.
Zusätzlich kann der Amoklauf des Sohnes seine gut situierten Eltern samt schönem Haus mit gepflegtem Vorgarten und Porsche finanziell in den Ruin treiben. Es drohen zivilrechtliche Schadenersatzforderungen im Millionenbereich. Zwar ist der Vater als Waffenbesitzer mit einer Million Euro haftpflichtversichert. Laut Experten wird das aber nicht reichen.
Eigene Schießanlage
Denn erschwerend kommt hinzu, dass die
Eltern eine erhöhte Aufsichtspflicht gehabt hätten, wenn das Kind eine
Neigung zu Schusswaffen hat. Und die hatte der 17-Jährige. Sein Vater nahm
ihn immer mit zum Schützenverein, ermöglichte ihm im Keller sogar eine
eigene Schießanlage. Sprechen wollen die Eltern derzeit nur mit den
Behörden. Sie haben gemeinsam mit Tims 14-jähriger Schwester den kleinen Ort
Leutenbach verlassen und befinden sich jetzt an einem geheimen Ort.