Als "historisch und unumstößlich" hat Nicolás Maduro die Entscheidung von Venezuelas Oberstem Gerichtshof begrüßt, seine Wiederwahl für gültig zu erklären.
Obwohl die Opposition im Land sowie zahlreiche Staaten wie die USA Maduros Wahlsieg am 28. Juli 2024 nicht anerkennen, will der linksgerichtete Staatschef am Freitag den Amtseid für eine weitere Amtszeit leisten. Die Opposition des südamerikanischen Landes reklamiert weiterhin einen überwältigenden Wahlsieg für sich.
Sie hat nach eigenen Angaben Beweise für den Wahlbetrug durch das Regierungslager. Maduro sitzt dennoch - nicht zuletzt wegen der anscheinend unerschütterlichen Unterstützung durch die Armee - weiterhin fest im Sattel.
Die Proteste gegen seinen umstrittenen Wahlsieg ließ er niederschlagen. Die Bilanz: 28 Tote, 200 Verletzte und 2400 Festnahmen. "Zu keinem Zeitpunkt haben sie in Betracht gezogen, die Macht abzugeben", sagt Edward Rodríguez über Maduro und sein Umfeld. Rodríguez hat lange als Berater für die Opposition gearbeitet, einige Wochen nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl verließ er Venezuela.
Rodríguez' Sicht wird auch aus Diplomatenkreisen gestützt: "Sie haben getan, was nötig war, um an der Macht zu bleiben", heißt es mit Blick auf das Regierungslager in Caracas.
Maduro besetzt nun weiter die Schlüsselpositionen im Staat mit seinen Gefolgsleuten. Am Sonntag wurde sein enger Vertrauter Jorge Rodríguez zum Parlamentspräsidenten bestimmt.
Dabei waren die Chancen der Opposition, die gut 25-jährige Herrschaft von Maduro und dessen Vorgänger und Ziehvater Hugo Chávez zu beenden, so gut wie lange nicht mehr. Nach Jahren interner Grabenkämpfe hatte die Opposition die frühere Abgeordnete María Corina Machado geschlossen zu ihrer Präsidentschaftskandidatin gekürt. Sie errang einen haushohen Sieg bei den Vorwahlen im Oktober 2023.
Und selbst nachdem Machado von den Behörden für unwählbar erklärt worden war, gaben Maduros Gegner nicht auf. Mit ihrem Slogan von der "Wiedergeburt der Hoffnung" mobilisierten sie tausende Venezolaner für Kundgebungen der Opposition. Machados Ersatz-Kandidat, der weitgehend unbekannte, bedächtige Ex-Botschafter Edmundo González Urrutia, und die charismatische und mitreißende Machado ergänzten sich perfekt. Die Umfragen sagten González Urrutia einen Wahlsieg voraus.
Harte Bandagen
Doch der mitunter als "Kampfhahn" titulierte Maduro kämpfte mit harten Bandagen. Er nutzte die omnipräsente Staatspropaganda für ihn in Medien und Online-Netzwerken und versprach den Bürgern, das ölreiche Land aus der jahrelangen tiefen Wirtschaftskrise hinauszuführen.
Der polarisierte Wahlkampf hatte eine massive Wahlbeteiligung zur Folge, die Menschen standen vor den Wahllokalen Schlange - und bei der Opposition breitete sich Zuversicht aus. Doch für sie folgte eine kalte Dusche: Maduro wurde vom Nationalen Wahlrat zum Sieger erklärt. Die Veröffentlichung der Ergebnisse in den einzelnen Wahllokalen blieb der Wahlrat schuldig. Die fadenscheinige Begründung lautete, er sei Opfer eines Cyberangriffs geworden.
Die Opposition veröffentlichte hingegen die Protokolle aus rund 80 Prozent der Wahllokale, die sie von Wahlhelfern erhalten hatte. Demnach gewann González Urrutia die Wahl mit 67 Prozent der Stimmen. Das Regierungslager tat dies mit dem Vorwurf ab, es handle sich um "Fälschungen".
Venezuelas Machtapparat hat "den Veränderungswillen unterschätzt" ebenso wie die "Fähigkeit der Opposition, eine Verbindung zur Bevölkerung herzustellen", sagt die Expertin für internationale Beziehungen, Carol Pedroso, von der brasilianischen Universidade Federal de São Paulo.
Dennoch gelang der Machtwechsel nicht. Im Zuge der gewaltsamen Unterdrückung der Oppositionsproteste versteckten sich die beiden als "Kriminelle" verunglimpften Oppositionsführer vor den Behörden. González Urrutia konnte im September seine Ausreise nach Spanien aushandeln. Machado ist in Venezuela untergetaucht, wahrscheinlich hat sie in einer Botschaft Unterschlupf gefunden.
Von seinen traditionellen Verbündeten Russland, China oder Iran erfuhr Maduro Unterstützung: Sie haben seinen Wahlsieg anerkannt. Mehrere lateinamerikanische Länder wie Kolumbien, Chile und Brasilien glauben hingegen nicht an Maduros erneuten Wahlerfolg. Ende November erkannte schließlich die Regierung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden González Urrutia als Wahlsieger an. Auch die EU zweifelt das offizielle Ergebnis an.
Dieser tourt derzeit als "gewählter Präsident" Venezuelas durch die Region, am Montag wurde er von Biden im Weißen Haus empfangen. Und González Urrutia will noch weiter gehen: Trotz eines auf ihn ausgesetzten Kopfgeldes hat er angekündigt, er selbst wolle am Freitag statt Maduro die Amtsgeschäfte in seinem Land übernehmen. Dabei dürfte entscheidend sein, ob die Opposition die zuletzt nachlassenden Proteste gegen Maduro neu entfachen kann.
(Von Patrick Fort/AFP)