Israel erklärte Einigung, EU-Länder wussten nichts

Verwirrung um Umsiedlung von Migranten

02.04.2018

Die Flüchtlinge sollen nach Deutschland und Italien ausgesiedelt werden, hieß es laut Israel. Berlin und Rom wussten davon nichts.

Zur Vollversion des Artikels
© Getty Images
Zur Vollversion des Artikels

Israel hat die Umsiedlung tausender afrikanischer Migranten unter anderem nach Deutschland, Kanada und Italien angekündigt. Ein Abkommen darüber mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR betreffe 16.250 Einwanderer, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Montag in Jerusalem.

Mehrere tausend weitere afrikanische Einwanderer sollten im Gegenzug einen legalen Aufenthaltsstatus in Israel bekommen. Das deutsche Innenministerium erklärte in Berlin, eine entsprechende Anfrage Israels sei ihm "nicht bekannt". Auch Rom erklärte nichts von dem Abkommen gewusst zu haben.

UNHCR stellt klar: Noch keine Länder fixiert

Nun stellt UNHCR klar, dass mit Deutschland keine solche Vereinbarungen gemacht wurden. Das Hilfswerk werde sich nun bemühen ausreichend Plätze für die Flüchtlinge im Ausland zu finden.

Für jeden Migranten, der das Land verlasse, werde Israel einem anderen Migranten einen "vorübergehenden Aufenthaltsstatus" gewähren, sagte Netanyahu. Nach Angaben des Innenministeriums leben derzeit rund 42.000 afrikanische Einwanderer in Israel. Rund die Hälfte von ihnen sind Kinder, Frauen oder Männer mit Familien, denen keine unmittelbare Abschiebung droht.
 

Ausweisung nach Afrika vom Tisch

Wenige Stunden vor der Ankündigung Netanyahus hatte das Büro des Ministerpräsidenten erklärt, dass mit dem UNHCR-Abkommen vom Montag frühere Pläne für eine Ausweisung der Flüchtlinge in nicht näher genannte afrikanische Drittstaaten vom Tisch seien. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten waren dafür Ruanda und Uganda im Gespräch gewesen.

Für die Ausweisung hätte es eines Abkommens mit den jeweiligen Staaten bedurft. In den vergangenen Wochen sei jedoch deutlich geworden, dass diese Option "nicht mehr existierte", sagte Netanyahu. Deshalb habe die Regierung nach einer anderen Lösung gesucht.
 

Deutsche wussten nichts von Abkommen

Das deutsche Innenministerium erklärte auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AFP, Deutschland sei in den vergangenen Jahren "seinen humanitären Verpflichtungen" unter anderem durch die Aufnahme sogenannter Resettlement-Flüchtlinge "immer umfassend nachgekommen" und werde dies auch in Zukunft tun. Eine konkrete Anfrage, in Israel lebende Flüchtlinge insbesondere aus afrikanischen Staaten im Rahmen des Resettlement-Programms des UNHCR in Deutschland aufzunehmen, seien dem Ministerium "nicht bekannt".

Die israelische Regierung hatte Anfang Jänner einen Plan verabschiedet, wonach tausende illegal nach Israel eingereiste Afrikaner bis Ende März das Land verlassen sollten. Wer sich weigert, sollte festgenommen werden. Betroffen waren vor allem Eritreer und Sudanesen, deren Heimat-Regierungen für massive Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden. Viele der Betroffenen traten daraufhin in den Hungerstreik.
 

Proteste gegen Vorhaben der israelischen Regierung

Als die israelischen Pläne im vergangenen November erstmals bekannt geworden waren, hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk Bedenken geäußert. Israel habe rechtliche Verpflichtungen hinsichtlich des Schutzes von Flüchtlingen, hieß es damals. Auch mehrere Holocaust-Überlebende hatten sich gegen die Pläne ausgesprochen.

Seit 2007 waren vermehrt Einwanderer über die Landgrenze zwischen Israel und der ägyptischen Halbinsel Sinai gekommen. Rechte und streng religiöse Politiker warnten immer wieder davor, dass Israel durch die muslimischen und christlichen Afrikaner seinen jüdischen Charakter verliere. Die israelische Regierung hat seitdem die Befestigung der Grenze abgeschlossen.
 

Zur Vollversion des Artikels