Drogenboss verschwand im Waschbereich seiner Zelle im Tunnel.
Wenige Tage nach der Flucht des mexikanischen Drogenbosses Joaquin "El Chapo" Guzman aus einem Hochsicherheitsgefängnis haben die Behörden die Aufnahmen der Überwachungskameras veröffentlicht. Darauf ist zu sehen, wie der frühere Chef des Sinaloa-Kartells in den letzten Minuten vor seinem Ausbruch in der Zelle umhergeht, sich auf das Bett setzt und die Schuhe wechselt.
Staatsfeind No. 1
Dann verschwindet "El Chapo" im Waschbereich. Die US-Organisation Chicago Crime Commission (CCC) erklärte den Kartellchef erneut zum Staatsfeind Nummer eins. CCC hatte "El Chapo" bereits 2013 als Staatsfeind Nummer eins bezeichnet. Vor "El Chapo" war nur der legendäre US-Gangster Al Capone in den 1930er-Jahren auf diese Weise deklariert worden.
"Guzmans Sinaloa-Kartell ist der wichtigste Drogenlieferant in Chicago. Seine Leute importieren große Mengen Rauschgift in die Region und schicken Millionen Dollar an Drogengeldern zurück nach Mexiko", sagte Kommissionspräsident J.R. Davis am Dienstag.
Toter WInkel
Der nationale Sicherheitsbeauftragte Monte Alejandro Rubido ergänzte am Dienstagabend (Ortszeit) zu den Videoaufnahmen: "Die Toilette und die Dusche liegen im toten Winkel der Kameras. Damit soll die Privatsphäre der Häftlinge gewahrt werden." Unter der Dusche endete der rund 1,5 Kilometer lange Tunnel, durch den Guzman am Samstag geflohen war.
"El Chapo" habe vor seiner Flucht kein auffälliges Verhalten gezeigt, sagte Rubido. Als er nicht mehr aus dem Waschbereich zurückkehrte, sei Alarm ausgelöst worden. Die nationale Sicherheitskommission zeigte auch Videoaufnahmen von dem unterirdischen Gang, durch den Guzman geflohen war.
Helfer im Gefängnis
Der Tunnel ist etwa 1,70 Meter hoch, bis zu 80 Zentimeter breit und verfügt über elektrisches Licht sowie ein Belüftungssystem. Zudem war ein auf Schienen montiertes Motorrad zu sehen, mit dem offenbar das Erdreich aus dem Tunnel abtransportiert wurde. Klar ist, dass Guzman Helfer innerhalb und außerhalb des Gefängnisses hatte. Wie ein solch aufwendiger Bau unbemerkt bleiben konnte, ist weiter ein Rätsel.
Direkt nach dem Alarm sei in der Umgebung des Gefängnisses im Bundesstaat Mexico im Zentrum des Landes eine Großfahndung nach dem flüchtigen Drogenboss eingeleitet worden, sagte Rubido. Alle Sicherheitskräfte bemühten sich um die erneute Festnahme von Guzman.
Bereits zweite Flucht
Es war bereits die zweite Flucht von "El Chapo" aus einem Hochsicherheitsgefängnis. In einem Wäschewagen war er 2001 aus einer anderen Haftanstalt getürmt. Der Kartellchef gilt als einer der mächtigsten Verbrecher weltweit. Sein Sinaloa-Kartell soll allein mit dem Drogenhandel jährlich Milliarden US-Dollar umsetzen. Außerdem ist es in Produktpiraterie, Menschenhandel und Erpressung von Schutzgeld verwickelt.
Guzman werden in Mexiko und den Vereinigten Staaten unter anderem Drogenhandel und organisierte Kriminalität vorgeworfen. Die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft setzte ein Kopfgeld in Höhe von 60 Millionen Pesos (etwa 3,4 Millionen Euro) auf ihn aus.