Polizei schießt offenbar scharf

Viele Tote bei schweren Unruhen im Iran

22.09.2022

Auslöser der Proteste ist der Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini. Sie wurde vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die islamische Kleiderordnung festgenommen.

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Teheran. Bei Protesten und Unruhen in Dutzenden Städten des Irans sind mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. Die Organisation Iran Human Rights (IHR) mit Sitz in Oslo sprach am Donnerstag sogar von mindestens 31 toten Zivilisten. Auslöser der Proteste ist der Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini. Sie wurde vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die islamische Kleiderordnung festgenommen.

Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Jedenfalls fiel sie ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben, die weist die Vorwürfe zurück.

Tausende Menschen demonstrieren landesweit

Seitdem demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung. In zahlreichen Städten lieferten sich Demonstranten in der Nacht zum Donnerstag erneut Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die laut Augenzeugen nach einer massiven Einschränkung des Internets mit Härte vorgingen. Auf Videos, die nicht verifiziert werden konnten, wird von Schüssen mit scharfer Munition berichtet. Unter den Opfern seien sowohl Sicherheitskräfte als auch Demonstranten, berichtete das Staatsfernsehen am Donnerstag.

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Eine Journalistin und ein Aktivist wurden festgenommen. Bei der Journalistin handelt es sich um Nilufar Hamedi von der Reformzeitung "Shargh", wie das iranische Onlineportal Emtedad am Donnerstag unter Berufung auf ihren Anwalt berichtete. Außerdem sei der Autor und Aktivist Hamidresa Jalaipur vom Geheimdienst aufgegriffen worden. Er befinde sich im berüchtigten Ewin-Gefängnis in der Hauptstadt Teheran.

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Inzwischen solidarisierten sich Prominente Iraner im Exil mit der Protestbewegung. Auch im Iran wurden Stimmen laut, die sich ungewöhnlich scharf gegen den Kurs der Regierung stemmten. Der Fußballstar Ali Karimi etwa solidarisierte sich mit den Protesten. Der Ex-Profi erhielt dafür Zuspruch vieler Iranerinnen und Iraner. "Hab keine Angst vor starken Frauen. Vielleicht kommt der Tag, an dem sie deine einzige Armee sind", schrieb der Ex-Profi, der in der Vergangenheit auch in der Bundesliga verpflichtet war, auf Twitter.

Internet ist massiv eingeschränkt

Das Internet ist massiv eingeschränkt und insbesondere mobile Netzwerke sind weitgehend abgeschaltet. Auch Instagram als eines der letzten freien sozialen Netzwerke wurde gesperrt. Einige reichweitenstarke iranische Nachrichtenportale, die über die Proteste berichtet hatten, waren im Ausland nicht mehr erreichbar. Auf den Webseiten der staatlichen Medien wurden die Demonstrationen wenig thematisiert. Die Regierung ihrerseits rief zu Gegendemonstrationen nach dem Freitagsgebet auf.

Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften. Insbesondere in den Metropolen sehen viele Frauen die Regeln inzwischen aber eher locker und tragen beispielsweise ihr Kopftuch nur auf dem Hinterkopf - zum Ärger erzkonservativer Politiker. Religiöse Hardliner im Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger anwenden zu lassen.

Christiane Amanpour, langjährige Korrespondentin des US-Senders CNN berichtete, dass sie ein Interview mit Irans Präsidenten Ebrahim Raisi am Rande der UNO-Vollversammlung in New York geplant hatte. Raisi sei aber nicht zum vereinbarten Termin erschienen. Statt dessen sei ein Mitarbeiter Raisis 40 Minuten später gekommen und habe gesagt, der Präsident schlage vor, dass sie (Amanpour) ein Kopftuch trage. Sie habe dies abgelehnt, twitterte Amanpour. Kein iranischer Präsident zuvor habe das Tragen eines Kopftuches verlangt, wenn er außerhalb des Irans interviewt worden sei. Der Mitarbeiter Raisis habe erklärt, das Kopftuch sei eine Frage des Respekts und habe auf die Lage im Iran hingewiesen.

US-Regierung verhängt Sanktionen

Die US-Regierung verhängt Sanktionen gegen die iranische Moralpolizei und hochrangige Sicherheitsbeamte. Die Moralpolizei sei verantwortlich für Gewalt gegen iranische Frauen und verletze die Rechte friedlicher Demonstranten, teilte das US-Finanzministerium am Donnerstag mit. Von den Maßnahmen seien auch hochrangige Führungskräfte verschiedener Sicherheitsorganisationen des Landes betroffen - darunter der Leiter der Moralpolizei. Diese Beamten beaufsichtigen dem Ministerium zufolge Organisationen, die routinemäßig Gewalt anwenden, um friedliche Demonstranten und Mitglieder der iranischen Zivilgesellschaft zu unterdrücken.

Die US-Regierung verurteile diesen "skrupellosen Akt" auf das Schärfste und fordere die iranische Regierung auf, die Gewalt gegen Frauen und die anhaltende gewaltsame Unterdrückung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu beenden, erklärte US-Finanzministerin Janet Yellen. Als Folge der Sanktionen wird etwaiger Besitz der Betroffenen in den USA eingefroren, US-Staatsbürgern werden Geschäfte mit ihnen untersagt.

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