Mörder-Sturm

100.000 Opfer in Burma befürchtet

07.05.2008

Die Lage in den Katastrophengebieten ist weit schlimmer, als zunächst angenommen und es drohen Seuchen. Nun werden erste Hilfsflüge erlaubt.

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© AP
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Zyklon "Nargis" hat in Burma wahrscheinlich mehr als 100.000 Todesopfer gefordert. Allein im Bezirk Labutta, der mitten im Irrawaddy-Delta liegt, wo der Wirbelsturm am Sonntag am heftigsten gewütet hatte, sollen 80.000 Menschen ums Leben gekommen sein. Die Not von Hunderttausenden Überlebenden wird immer größer, gleichzeitig wachsen Ohnmacht und Verzweiflung der internationalen Hilfsorganisationen.

Angst vor Seuchen wächst
Während die Militärjunta in Burma die internationale Gemeinschaft für den Beginn von Hilfsaktionen weiter hinhält, wächst in den überschwemmten Regionen die Angst vor Seuchen. Da nach dem Wirbelsturm "Nargis" alles unter Wasser stehe, müsse mit Epidemien wie Malaria und dem Dengue-Fieber gerechnet werden, sagte ein Vertreter des Roten Kreuzes. Die Überlebenden brauchen dringend sauberes Trinkwasser, Nahrungsmittel und medizinische Hilfe. Die Südostasiatische Staatengemeinschaft (ASEAN) forderte die Militärregierung auf, internationale Hilfe zuzulassen, "bevor es zu spät ist". Ein US-Hilfsflug wurde abgesagt.

Um Krankheiten vorzubeugen, schickte das Kinderhilfswerk UNICEF drei Millionen Wasserreinigungstabletten aus Dänemark. Damit könnten fünf Millionen Liter Trinkwasser desinfiziert werden. In Burma seien vor allem Kinder derzeit angesichts fehlender Nahrung geschwächt und anfällig für Durchfall oder andere Erkrankungen. Seit dem verheerenden Durchzug von "Nargis" stünden immer noch rund 5.000 Quadratkilometer Land unter Wasser, teilte ein Sprecher der Vereinten Nationen in Bangkok mit. Es gebe mehr als eine Million Hilfsbedürftige. Die Behörden rechneten allein in dem schwer getroffenen Bezirk Labutta inzwischen mit 80.000 Toten, landesweit könnten es mehr als 100.000 sein. Das staatliche Fernsehen sprach am Donnerstag von knapp 23.000 Toten.

Hilfe läuft langsam an
Die Hilfslieferungen liefen jedoch nur langsam an. Der geplante Flug einer US-Transportmaschine wurde am Donnerstag abgesagt. Es sei unklar, ob die zuvor verkündete Einreise-Erlaubnis durch die Militärjunta ein Missverständnis gewesen sei oder ob die Junta diese zurückgezogen habe, sagte US-Botschafter Eric John vor Journalisten in der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Hingegen erhielt Griechenland eine Erlaubnis der burmesischen Behörden, eine Militärmaschine mit Hilfsgütern zu entsenden, wie das Außenministerium in Athen erklärte.

Sechs Tage nach dem Durchzug des Zyklons sei am Donnerstag die erste UN-Maschine mit Hilfsgütern in Rangun eingetroffen, gab die Vertretung des UN-Welternährungsprogramms in Bangkok bekannt. Zwei weitere Flugzeuge sollten noch im Tagesverlauf beladen werden. Außerdem seien aus Indien zwei Schiffe und zwei Militärmaschinen mit Hunderten Tonnen Hilfsgütern in Burma angekommen, teilte ein Sprecher des indischen Verteidigungsministeriums mit. Die Verteilung habe bereits begonnen. Eine weitere Schiffsladung mit Essen, Medikamenten, Kleidung und Decken sollte noch am Donnerstag in die Krisenregion geschickt werden. Die UNO sicherte zehn Millionen Dollar Soforthilfe zu.

Militärjunta bremst Visa-Vergabe
Internationale Hilfsorganisationen beklagten weiterhin die restriktive Visa-Vergabe an Helfer. Katastrophenerfahrene Mitarbeiter müssten bei der Verteilung an Ort und Stelle dabei sein, forderte das Kinderhilfswerk Unicef. Drei Experten der Vereinten Nationen sei wegen ihrer asiatischen Staatsbürgerschaft die Einreise genehmigt worden, sagte der örtliche Sprecher Richard Horsey. Die Hilfsorganisationen konzentrierten sich deshalb darauf, asiatische Helfer zu entsenden. Nach solchen halte jetzt jede Organisation Ausschau.

Auf den Straßen in die verwüstete Küstenregion seien vereinzelt Lastwagen unterwegs, doch seien die meisten Menschen in den Dörfern auch Tage nach der Katastrophe noch komplett auf sich gestellt, berichtete ein BBC-Reporter am Donnerstag. Ihm war es gelungen, mit Kamera ins Land zu reisen. Es gebe kaum etwas zu essen, kein Trinkwasser und für viele kein Dach über dem Kopf. Unzählige Leichen seien zu sehen. Der 37 Jahre alte Tin Oo verlor in seinem Heimatort an der Küste 16 Mitglieder seiner Familie. "Sie hatten in den Reisfeldern gearbeitet, sie wollten die Ernte retten", sagt er. "Es gab keine Warnung, dass ein Sturm aufzieht." Die Behörden erklärten dagegen, Warnungen veröffentlicht zu haben. Aber in abgelegenen Orten, wo sich die wenigsten einen Fernseher oder ein Radio leistenkönnen, verhallten die Hinweise ungehört.

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