Förderschüler soll Mädchen brutal misshandelt und lebengefährlich verletzt in einen Schacht geworfen haben.
Das Verbrechen selbst war schon schlimm genug, aber das Alter des mutmaßlichen Täters ist womöglich noch schockierender: Erst 14 Jahre alt ist der Verdächtige im Fall Kassandra, gegen den ein Richter am Wochenende Haftbefehl wegen versuchten Mordes erließ.
Die Ermittler sind sich sicher, den grausamen Peiniger des neunjährigen Mädchens damit hinter Schloss und Riegel gebracht zu haben. Der verhaltensgestörte Förderschüler soll das Mädchen in Velbert bei Essen brutal misshandelt und lebensgefährlich verletzt in einen Gully-Schacht geworfen haben.
Auf Sexualverbrechen deutet nichts hin
Die Frage, die sich nun
jeder stellt, heißt natürlich: Warum hat er das getan? Beantworten kann sie
im Moment niemand. Spuren für ein Sexualverbrechen wurden nicht gefunden.
Und der 14-jährige selbst bestreitet die Tat. Die Ermittler müssen sich
deshalb auf einen aufwendigen Indizienprozess vorbereiten, falls Kassandra,
die immer noch nicht vernommen werden konnte, den Jugendlichen nicht
identifizieren kann.
Unglaubliche Kaltblütigkeit
Abgeklärt, ja "völlig gefühllos"
wirkt der Jugendliche auf Wolfgang Siegmund, den Leiter der Mordkommission.
Seine Kaltblütigkeit sei "in höchstem Maße beeindruckend". Im übrigen ist er
zwar schon länger sozial auffällig, aber normal intelligent.
Sadismus?
Trieb ihn reiner Sadismus? All das ist pure
Spekulation, im Augenblick lässt sich nichts dazu sagen. Der 14-Jährige und
Kassandra kannten einander aus dem Spieletreff "Treff 51". Der Jugendliche
soll sogar unmittelbar nach der Tat zum Tatort zurückgekehrt sein und sich
an der Suche nach Kassandra beteiligt haben.
Das neunjährige Mädchen war vor knapp drei Wochen aus dem Spieletreff nicht nach Hause zurückgekehrt. Die Eltern meldeten Kassandra als vermisst, Stunden später fand ein Spürhund das unterkühlte Kind dem Tode nahe in einem Kanalschacht hinter einer Turnhalle. Obenauf lag der Gullydeckel, das Mädchen war praktisch lebendig begraben. Mit einer Not-Operation im Uni-Klinikum Essen konnte Kassandra gerettet werden. Nach Tagen im künstlichen Koma ist sie inzwischen deutlich auf dem Weg der Besserung.
Noch keine Ergebnisse der DNA-Analyse
100 Polizisten hatten die
Umgebung des Tatorts nach Spuren abgesucht. Dabei fanden sie die sorgfältig
versteckte Jacke Kassandras und ein nicht näher beschriebenes "Tatmittel".
An beiden fand das Landeskriminalamt außer dem Blut Kassandras auch
Faserspuren, die mit denen der Oberbekleidung des 14-Jährigen
übereinstimmen. Daraufhin wurde der gerade strafmündige Bub am Freitagabend
festgenommen. Ergebnisse der DNA-Analyse liegen noch nicht vor.
Gab es Hinweise darauf, dass der Bub gefährlich war? Die Familienverhältnisse sind unauffällig. Dennoch gab es eine Vorgeschichte: Der Förderschüler hatte Hausverbot in dem Spieletreff. Eltern hatten sich beschwert, dass er die kleineren Kinder ärgere.
Außerdem war gegen ihn schon früher wegen Beleidigung und Sachbeschädigung ermittelt worden. Die Verfahren wurden aber eingestellt. Ein Verfahren wegen Körperverletzung läuft noch - auch dazu wurde er unlängst vernommen. Er soll einen Gleichaltrigen verletzt haben. Wegen seiner Verhaltensauffälligkeit war er in einer Förderschule für soziale und emotionale Entwicklung. Wie es heißt, sind die Eltern schockiert von der Festnahme. Sie glauben den Beteuerungen ihres Sohnes, nichts mit dem Verbrechen zu tun zu haben.