Die Täter wollen weltweite Beachtung. Die Waffe hat eine gewisse Symbolik.
Spott, gemobbt werden, schulisches Versagen, Ohnmacht, Isolation und gescheiterte Lebensentwürfe - Amokläufer in Schulen haben meist einiges gemeinsam: Sie stehen in der Hochblüte der Adoleszenz und befinden sich noch nicht im Erwachsenenleben, haben ein Vielfaches an Frustration erfahren, verspüren Rachegefühle und besitzen ein hohes Maß an Narzissmus. Mit ihren Wahnsinnstaten wollen sie weltweit Beachtung finden, schilderte Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich das seelische Grundmuster von Amokläufern in Schulen.
Kränkungen als Auslöser
Auslöser für die Tat sind meist
Kränkungen. Die Täter selbst seien aber individuell unterschiedlich, sagte
Friedrich. Über das Gefühlsleben der jugendlichen Amokläufer wisse man
wenig, meist überleben sie ihre Taten nicht, daher gebe es auch keine
Untersuchungen.
"Bilanzdepression"
Den Zustand, in dem sich der Täter
befindet, bezeichnete Friedrich als "Bilanzdepression". Der Betroffene will
aufräumen mit alldem, was er über sich ergehen hat lassen müssen. Die
Ursache für diese Form der Depression liege in der Schule: Spott, gemobbt
werden, versagen, keine Freunde finden - all das führe zu einer situativen
und affektiven Einengung. Die Täter haben nur mehr ein "Röhrensehen" und
"-fühlen", danach folge die Amokfantasie.
Ungezielt
Beim klassischen Amoklauf handelt der Täter ungezielt
und töte beliebig. Zuerst werde das aggressive Verhalten nach Außen und
schließlich gegen sich selbst gerichtet. Der Psychiater sprach von einer
Aggressionsumkehr. Der Wunsch, Herr über Leben und Tod zu sein und über
ungeheure Macht zu verfügen, steht im Vordergrund. Zusätzlich hat die Waffe
eine gewisse Symbolik. Die Tat kann aus großer Entfernung gesetzt werden,
der Träger fühlt sich überhöht und über den Dingen stehend.
Computerspiele als Auslöser?
Dass im Zusammenhang mit
derartigen Gewalttaten von Jugendlichen immer wieder die Diskussion rund um
Computerspiele und Videofilme mit brutalen Inhalten auftauche, sei
naheliegend. "Ich glaube daran, dass das permanente Treten und Kaputtmachen
- auch virtuell - im Unbewussten die Hemmschwelle senkt", so Friedrich. Die
Grenzlinie zwischen Virtualität und Realität verwische sich.
Warum tragen Amokläufer auffallend oft schwarz? Bösewichte tragen seit jeher schwarz, meinte Friedrich. Psychologisch gesehen habe es keine allzugroße Bedeutung.