Kein Multi-Kulti
Australien ändert radikal die Einwanderungspolitik
29.01.2007
Die Einwanderungsbehörde Australiens ändert ihren Namen. Doch dies ist nicht nur eine kosmetische Korrektur: Australien hat eine neue Einwanderungspolitik.
In Australien ist Schluss mit Multi-Kulti. Die Einwanderungsbehörde heißt von diesem Dienstag an nicht mehr "Amt für Einwanderung und multikulturelle Angelegenheiten", sondern "Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft". Die Umbenennung ist der vorläufige Höhepunkt eines radikalen Politikwandels. Kulturelle Vielfalt ja, aber nur unter dem Dach einer klaren australischen Leitkultur, ist die neue Devise der Regierung. "Die Menschen können in ihrem Herzen natürlich einen Platz für ihre Heimatkultur erhalten, aber das Hauptaugenmerk muss auf der Integration in die australische Familie liegen", sagt Premierminister John Howard.
"Wir feiern diese großrtige Nation"
Andy Ravi ist
einer so ganz nach dem Geschmack des Premierministers. "Wir Australier",
sagt der Taxifahrer mit breitem indischen Akzent, "sind stolz auf unser
Land." Am Straßenrand in Perth in Westaustralien rückt der 64-jährige die
kleine Flagge zurecht, die er zum Nationalfeiertag extra am Autofenster
angebracht hat. "Wir feiern diese großartige Nation", sagt er, "aber es
kommen viel zu viele her, die damit nichts am Hut haben. Die wollen nur das
Sozialsystem ausnutzen - und machen nichts als Ärger."
So würde es der Premierminister natürlich nicht ausdrücken, aber in der Sache spricht ihm der Taxifahrer aus der Seele. Wer in Australien bleiben will, soll bitteschön auch die australischen Werte mittragen, sagt Howard unverblümt: Toleranz, Gleichberechtigung, Religionsfreiheit, Demokratie. "Die Kernkultur dieser Nation ist ganz klar: wir sind ein Ableger westlicher Zivilisation", sagte Howard im vergangenen Jahr in einem Interview.
Europäischstammige Wählerschaft
"Kulturelle Vielfalt
darf nie auf Kosten einer überzeugenden nationalen Identität gehen", sagt
Howard, der mit der konservativen Liberalen Partei in diesem Jahr zum
fünften Mal gewählt werden möchte. Keine Frage, dass Howard sein Ohr dicht
an der weiterhin überwältigenden Mehrheit der europäischstämmigen
Wählerschaft hat.
"Naja, das Multikulti-Ding", sagt Sally Beck (46), Fahrerin am Flughafen von Perth. "Wir mögen natürlich unsere chinesischen und thailändischen Restaurants. Aber irgendwie ist schon jeder für sich." Die meisten Einwanderer seien ihr fremd geblieben, sagt die Frau, die im Alter von 18 Monaten selbst mit ihren Eltern aus Großbritannien einwanderte. Sie meint die Einwanderer aus fremden Kulturen, nicht die Europäer. Bis vor 30 Jahren setzte Australien strikt auf weiße Einwanderer. Dann kam die Maxime der multikulturellen Gesellschaft, in der verschiedene Sprachen und Religionen blühen sollten.
Scheich provoziert
Doch hat das nach Meinung der Regierung nicht
richtig geklappt. "Wir merken jetzt, dass es einige Einwanderer gibt und
deren Kinder, die uns eigentlich gut genug kennen, und die unsere
Lebensweise abgrundtief verabscheuen", stellte Howards Parteikollege Peter
Coleman fest. Im Dezember 2005 kam es an Sydneys Cronulla-Strand zu
Massenschlägereien zwischen weißen und arabischstämmigen Jugendlichen. Seit
Monaten provoziert der muslimische Imam Scheich al-Hilali aus Ägypten mit
abfälligen Bemerkungen die Menschen des Landes, das eigentlich seit 24
Jahren seine Heimat ist.
Deshalb setzt die Regierung jetzt auf Integration. Die rund 130.000 Einwanderer im Jahr müssen jetzt vier Jahre auf den Pass warten anstatt wie bisher zwei. Ab Ende des Jahres gibt es einen Test, um Englisch-Kenntnisse und australische Geschichte und Respekt für Bürgerrechte abzufragen. Das Land hat eigentlich viel Platz für Neue: Australien ist 21 mal so groß wie Deutschland, hat aber nur 20 Millionen Einwohner.