Richter soll während des Prozesses immer wieder Anweisungen erhalten haben.
Das international kritisierte Urteil gegen den Kremlgegner Michail Chodorkowski zu insgesamt 14 Jahren Haft ist nach Angaben einer Gerichtsmitarbeiterin dem Richter aufgezwungen worden. Richter Viktor Danilkin habe während des Prozesses immer wieder per Telefon Anweisungen vom übergeordneten Moskauer Stadtgericht erhalten. Das sagte die Pressesprecherin des Chamowniki-Gerichts und enge Mitarbeiterin Danilkins, Natalia Wassiljewa, in einem am Montag veröffentlichten Interview mit dem Kremlkritischen Internetportal "gazeta.ru".
Danilkin wies die Behauptungen als Verleumdung zurück. Beobachter halten das Urteil für politisch motiviert. Das Stadtgericht nannte das Interview eine "Provokation". Chodorkowskis Anwalt Wadim Kljuwgant sagte hingegen, Wassiljewas Aussagen bestätigten den Eindruck, das Urteil sei verfügt worden.
Mitarbeiterin "enttäuscht"
Sie sei "enttäuscht", begründete Wassiljewa das Interview. "Ich wollte Richterin werden." Als sie jedoch den Justizbetrieb von innen kennengelernt habe, habe sie gemerkt, dass die Annahme, Richter seien unabhängig, ein "Märchen" sei. Wassiljewa habe kurz vor dem Interview gekündigt, teilte das Chamowniki-Gericht am Montag mit.
"Vom Anfang des Prozesses an (...) gab es eine ständige Kontrolle", sagte Wassiljewa. Danilkin "wollte dieses (Urteil) nicht, verständlicherweise." Prozessbeobachter hatten kritisiert, dass der Urteilsspruch und die Anklage fast wörtlich überein gestimmt hätten.
Chodorkowski bis 2017 in Haft
Chodorkowski sowie sein mitangeklagter Ex-Geschäftspartner Platon Lebedew waren Ende Dezember wegen Unterschlagung von 218 Millionen Tonnen Öl zu einer Gesamtstrafe von jeweils 14 Jahren Haft verurteilt worden. Darin enthalten ist eine Verurteilung wegen Geldwäsche in einem ersten Prozess. Die Ex-Manager des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos sollen erst 2017 freikommen.