Nach Erdbeben
Damm in China gebrochen - Tausende fliehen
17.05.2008
Fünf Tage nach dem verheerenden Erdbeben in China mit voraussichtlich mehr als 50.000 Toten ist jetzt ein Damm gebrochen.
In aller Eile wurde am Samstag die Stadt Beichuan evakuiert, weil eine Flutwelle befürchtet wurde. Tausende Menschen und Bergungsmannschaften flüchteten in höher gelegene Gebiete. Unterdessen bestätigten die chinesischen Behörden offiziell den Tod von knapp 32.477 Menschen. Die Zahl der Verletzten gab die Regierung am Sonntag in Peking mit 220.000 an. 114 Stunden nach dem Erdbeben in der südwestchinesischen Provinz Sichuan wurde noch ein deutscher Tourist gerettet.
Menschen fliehen - und helfen sich gegenseitig
Laut
Journalisten-Teams von ARD und ZDF ist bereits ein Damm gebrochen. Die
Menschen sind um ihr Leben gerannt. Insgesamt sind sogar 700 Dämme
beschädigt. Bei der Evakuierung der Stadt Beichuan wegen des drohenden
Dammbruchs flüchteten die Bergungsmannschaften und Tausende Menschen eiligst
in höher gelegene Gebiete, wie die ARD-Korrespondentin Ariane Reimers
berichtete, während sie selber mit dem Kameramann und einer Assistentin den
Berg heraufrannte. Die Menschen riefen "lauft, lauft" oder "schnell,
schnell". "Alle helfen sich gegenseitig, auch an Engpässen."
Anfangs habe es kurz Panik und Hektik gegeben, doch sei die Evakuierung nach
zehn Minuten eher wie ein "geordneter Rückzug" verlaufen. "Alle
ziehen aus der Stadt ab." Kurz zuvor hatten Soldaten laut amtlicher
Nachrichtenagentur Xinhua berichtet, der Wasserstand steige und der Damm
könne "jederzeit brechen". Es müsse evakuiert werden.
Damm oberhalb von Beichuan
Die Gefahr droht nach Angaben der
Provinzregierung von einem Damm oberhalb von Beichuan. Bei dem Erdbeben am
Montag hatte ein Erdrutsch einen Fluss blockiert, so dass sich ein See
herausbildete. Experten waren bereits zu diesem natürlichen Damm aus Geröll,
Felsen und Erde gefahren, um die Gefahr einschätzen zu können.
Deutscher nach fünf Tagen aus Trümmern gerettet
Doch
es gibt auch erfreulichere Nachrichten aus der Krisenregion. Selbst 114
Stunden nach dem Beben werden noch Menschen geborgen. Ein deutscher Tourist
ist fünf Tage nach dem schweren Erdbeben in China nach Angaben der amtlichen
Nachrichtenagentur Xinhua lebend aus Trümmern gerettet worden. Der Deutsche
sei in der südwestlichen Stadt Wenchuan 114 Stunden lang verschüttet
gewesen, berichtete Xinhua am Samstag.
Suche nach Beben-Opfern geht weiter
Chinas Staatspräsident Hu
Jintao hat die Helfer im Erdbebengebiet im Südosten des Landes zur
Fortsetzung der Suche nach Überlebenden gedrängt. Auch wenn die wichtigsten
Stunden nach dem Unglück vorbei seien, in denen es die besten
Überlebenschancen gebe, bleibe die Rettung von Leben die oberste Priorität,
sagte Hu am Samstag. Keine Mühe dürfe gescheut werden, um trotz aller
Schwierigkeiten den Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen.
Schäden an Atomanlagen
Bei dem schweren Erdbeben in China
hat es nach Angaben der französischen Atomaufsicht auch leichte Schäden an
einigen Atomanlagen in der Region gegeben. Radioaktivität sei aber offenbar
nicht frei geworden. Die chinesischen Behörden hätten schnell reagiert und
sofort alle Atomanlagen in der Region abgeschaltet, um sie zu kontrollieren,
sagte am Freitag Thierry Charles, der für Sicherheitsfragen zuständige
Direktor der französischen Atomaufsicht.
Kontrolle der Umweltproben
China betreibt den Angaben zufolge in
der Provinz Sichuan einen Forschungsreaktor, zwei Brennstofffabriken und
zwei Anlagen zum Bau von Atomwaffen. Alle Betrieben lagen zwischen 70 und
150 Kilometer vom Epizentrum entfernt. Die chinesische Atomaufsicht (NNSA)
wies ihre Mitarbeiter aber am Tag nach dem Beben an, sich auf Umweltprobleme
vorzubereiten. Oberste Priorität habe das Trinkwasser, hieß es in einer
undatierten Mitteilung der zum Umweltministerium gehörenden Behörde.
Schäden an älteren Anlagen
Charles erklärte unter
Bezug auf Angaben der NNSA die Schäden seien an älteren Atomanlagen
aufgetreten, bei denen schon vor dem Erdbeben mit der Demontage begonnen
worden sei.
Hilfsflüge
Zwei US-Militärflugzeuge flogen am Sonntag
Hilfsgüter in die betroffenen Gebiete. Es sei das erste Mal seit der
Katastrophe vom vergangenen Montag, dass Peking Hilfe von ausländischen
Truppen annehme, berichtete Xinhua. Das erste Flugzeug mit Lebensmitteln,
Generatoren und Decken an Bord sei in der Früh bereits in Chengdu, der
Hauptstadt der Provinz Sichuan, gelandet, sagte eine Vertreterin der
US-Botschaft in Peking. Eine zweite Maschine sollte am Nachmittag in der
Region eintreffen.
Chinas Präsident Hu Jintao dankte der internationalen Gemeinschaft für die Hilfe. "Im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, des Staatsrates und des Zentralen Militärausschusses spreche ich den ausländischen Regierungen und internationalen Freunden, die uns bei unseren Rettungsarbeiten geholfen haben, tief empfundenen Dank aus", sagte Hu laut Xinhua.
Olympischer Fackellauf unterbrochen
Der Staatsrat ordnete am
Sonntag eine dreitätige Staatstrauer an, die am Montag beginnen soll. Genau
eine Woche nach dem verheerenden Beben solle am Montag um 14.28 Uhr Ortszeit
(06.28 Uhr MESZ) in drei Schweigeminuten der Opfer gedacht werden, hieß es
am Sonntag auf der Internetseite der Regierung. Auch der olympische
Fackellauf wurde unterbrochen.