Soll judenfeindliche Tweets gelikt haben

Deutscher Antisemitismusbeauftragter auf 'Antisemiten-Liste'

29.12.2021

Michael Blume soll anti-jüdische, anti-israelische und konspirative Twitter-Accounts gelikt haben. Der Betroffene bestreitet dies jedoch.

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Seit Jahren kämpft Michael Blume als Antisemitismusbeauftragter in Baden-Württemberg gegen Judenfeindlichkeit. Er prangert antisemitische Tendenzen in der "Querdenker"-Szene an, hält Vorträge, gibt Studien in Auftrag und wirbt für Dialog. Dass er sich eines Tages ausgerechnet auf der weltweiten "Antisemiten-Liste" des Simon-Wiesenthal-Zentrums (SWC) aus Los Angeles wiederfinden könnte, hatte der 45 Jahre alte Religionswissenschaftler aus Deutschland wohl nicht erwartet.

Antisemitische Twitter-Accounts gelikt und Beiträge geteilt

Nun steht er aber genau dort, auf Platz Sieben der jüngsten Liste, die angeführt wird von Israels Erzfeind Iran. Auf Platz zwei steht die militante Palästinenserorganisation Hamas, die sich die Zerstörung Israels auf die Fahnen geschrieben hat. Das Wiesenthal-Zentrum hat die Aufnahme Blumes unter anderem damit begründet, dass dieser seit 2019 anti-jüdische, anti-israelische und konspirative Twitter-Accounts gelikt und Beiträge weiterverbreitet habe. Um welche Posts und welche Accounts es sich genau handelte, schrieb die Organisation nicht.

Entsetzt ist nicht nur die deutsche Landesregierung in Stuttgart. Auch die Israelitischen Religionsgemeinschaften (IRG) in Deutschland zeigen sich fassungslos. "Einen Brückenbauer zwischen Baden-Württemberg und Israel auf eine gemeinsame Liste mit Feinden Israels zu setzen ist ungeheuerlich", erklärten sie. Das SWC habe in Sachen Antisemitismusbekämpfung mit den in Baden-Württemberg lebenden Juden weder kooperiert, noch sei es sonst bisher konkret in Erscheinung getreten. Der Zentralrat der Juden in Deutschland twitterte, die Vorwürfe seien "absurd".

Ähnlich sieht das die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD). Die Entscheidung hinterlasse große Fragezeichen, teilte der Vorstand mit. Es könnte sich dabei nur um einen Irrläufer des SWC handeln, zumal niemand aus der Führung der Jüdischen Gemeinde in Baden-Württemberg im Vorfeld kontaktiert worden sei.

Blume bedankte sich für die Reaktionen der jüdischen Gemeinden und "für ganz viel Solidarität". "Die jüdischen Landesgemeinden waren wunderbar klar", schrieb er auf Twitter. Und: "Einige Vorwürfe des sog. SWC halten nicht einmal einer oberflächlichen Überprüfung stand." Er sehe sich seit Jahren und vor allem seit seinem Amtsantritt 2018 rechtsextremen Internet-Trollen ausgesetzt.

Als Antisemitismusbeauftragter des Landes ist der Religionsexperte und Familienvater Ansprechpartner für jüdische Gruppen, aber auch für Moscheegemeinden, Bildungseinrichtungen und Kommunen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nannte die Vorwürfe "nicht nachvollziehbar und höchst befremdlich". Auch sei es fraglich, ob ein solches Ranking helfe, die gesellschaftliche Spaltung und den Antisemitismus zu überwinden. Innenminister Thomas Strobl (CDU) würdigte Blume als top-engagierten, herausragenden Antisemitismusbeauftragten. "Ich kann mir für diese Aufgabe keine bessere Person vorstellen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Alle beide, Kretschmann und Strobl, finden sich ebenfalls in dem SWC-Bericht wieder: Das Zentrum kritisiert darin, die beiden Landespolitiker hätten Blume "unerklärlicherweise (...) erlaubt (...), sich weiter an diesen antisemitischen und anti-israelischen Aktivitäten in den sozialen Medien zu beteiligen".

Das 1977 gegründete Zentrum mit Hauptsitz in Los Angeles ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern bekannt geworden. Es bemüht sich aber auch um die Förderung von Toleranz und kämpft in aller Welt gegen Rassismus, Antisemitismus, Terrorismus und Völkermord.

An der Liste gab es allerdings schon in der Vergangenheit Kritik. So hatte das Wiesenthal-Zentrum 2019 den deutschen UNO-Botschafter Christoph Heusgen auf seiner Liste genannt. Der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, nahm den Diplomaten daraufhin in Schutz und sagte: Solche "wirklich völlig unangebrachten" Vorwürfe würden die Diskussion nur erschweren. 

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