Gewaltige Unwetter

Die letzten Minuten im Todesjet

03.06.2009

Schon bei ihrem Start in Rio wussten die Piloten von einem gewaltigen Unwetter über dem Atlantik und steuerten die Maschine doch genau darauf zu.

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© AP
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Es ist die schwerste Flugkatastrophe der letzten acht Jahre: Auch drei Tage nach dem Absturz der Air-France-Maschine über dem Atlantik geht die Suche nach dem Wrack der Unglücksmaschine weiter. Drei Handelsschiffe aus den Niederlanden und Frankreich suchen mitten im Ozean nach Opfern, Brasilien entsandte fünf Militärschiffe, amerikanische Spionagesatelliten kreisen über der Unglücksstelle. Überlebende in dem 28 Grad warmen Wasser zu finden, gilt fast als ausgeschlossen, einzig einige Metallgegenstände, Kabel und ein Kabinensitz sind bisher aufgetaucht.

Aber auch jetzt werden immer mehr Details zum Absturz bekannt:

0.19 Uhr
Bereits als die Piloten Sonntag früh den Jet in Rio de Janeiro starten, dürfen sie über eine gewaltige Gewitterfront über dem Atlantik informiert sein. Heftige Unwetter über dem Äquator sind dabei keine Seltenheit, doch im Cockpit war man sicher, ohne Probleme gleich zwei Fronten durch eine Schneise durchfliegen zu können.

2.45 Uhr
Doch kurz vor 3 Uhr dann der Schock: Unerwartet schließen sich zwei Unwetterzellen zusammen und bilden eine gigantische Gewitterfront mit einer Länge von 1.000 Kilometern. Für den Flug mit der Nummer AF 447 gibt es kein Entkommen: Auf Höhe der Inselgruppe Fernando de Noronha fliegt der Airbus direkt in das Unwetter – ein Umfliegen der Zelle ist zu diesem Zeitpunkt und wegen der enormen Größe der Front nicht mehr möglich. Und auch ein Überfliegen der Gewitterfront kommt nicht in Frage: Die Piloten steuern das Flugzeug in einer Höhe von 11 Kilometern, das Unwetter reicht aber bis 18 Kilometer in die Höhe.

3.33 Uhr
Unter den Einwirkungen enormer Sturmböen, Blitze und Eisklumpen bricht um 3.33 Uhr der Kontakt der Maschine zur brasilianischen Luftraumüberwachung vollständig ab. Die Piloten sind von nun an vollständig auf sich allein gestellt.

4.10 Uhr
Die Maschine wird in starken Turbulenzen geschüttelt, heftige Blitze dürften das Flugzeug getroffen haben, Panik breitet sich unter den 228 Passagieren aus. Zur gleichen Zeit schaltet sich der Autopilot des Airbus 330 aus, die Piloten müssen das Flugzeug nun selbstständig steuern.

4.11–4.13 Uhr
Die Fehlermeldungen überschlagen sich: Zuerst setzen die Navigationscomputer der Maschine aus, danach ist die Flugsteuerung nicht mehr unter Kontrolle zu bringen.

4.14 Uhr
Sauerstoffmasken fallen aus der Kabinendecke, nachdem der Druck im Passagier-Bereich dramatisch gefallen ist. Mary Schiavo, führende US-Spezialistin bei der Ermittlung von Flugzeug-Crashs, ist im Gespräch mit ÖSTERREICH sicher: „Das Flugzeug befand sich drei Minuten im freien Fall. Vor dem Aufprall waren die meisten noch bei Bewusstsein. Das ist der schlimmste Tod, den man sich denken kann.“

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