Nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist die Gesamtzahl der Todesopfer in beiden Ländern auf über 15.000 gestiegen.
In der Türkei starben laut einer in der Nacht auf Donnerstag veröffentlichten neuen Bilanz von Behörden und Rettungskräften 12.391 Menschen. In Syrien stieg die Zahl der Todesopfer auf 2.992.
Das Erdbeben der Stärke 7,8 hatte das türkisch-syrische Grenzgebiet Montagfrüh erschüttert. Rettungskräfte in beiden Ländern versuchten in der Nacht auf Donnerstag bei weiter eisigen Temperaturen verzweifelt, noch mögliche Überlebende zu finden. Es wird befürchtet, dass die Zahl der Opfer weiter steigt.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Mittwoch "Defizite" im Krisenmanagement nach der Katastrophe eingeräumt. Bei einem Besuch von zwei besonders betroffenen Regionen sagte er allerdings auch, es sei nicht möglich, "auf so ein Erdbeben vorbereitet zu sein".
Noch immer werden zudem viele Menschen in beiden Ländern unter Trümmern vermisst. Anadolu zufolge sind allein in der Türkei mehr als 6.000 Gebäude eingestürzt. Mehr als 13 Millionen Menschen seien von den massiven Erdstößen betroffen.
Dem Sender TRT World zufolge konnten in der Türkei bisher etwa 8.000 Menschen aus den Trümmern gerettet werden. Eine Reporterin des Fernsehkanals berichtete über den verzweifelten Kampf gegen die Zeit: "Die Retter weigern sich, aufzugeben." Aber die Momente der Freude über eine weitere Rettung würden immer seltener.
Trotzdem gibt es noch immer Erfolgsmeldungen: So wurde ein 24-jähriger Mann rund 64 Stunden nach dem Beben in der türkischen Provinz Kahramanmaras gerettet. In der Provinz Hatay konnte nach Angaben vom Mittwochabend eine 75-Jährige 60 Stunden nach der Naturkatastrophe aus den Trümmern befreit werden. In der Südprovinz Adiyaman wurde ein sieben Monate altes Baby lebend gefunden.
Die Rettungsteams arbeiten unermüdlich, um noch Überlebende zu finden. Die kritische Überlebensgrenze liegt normalerweise bei etwa 72 Stunden. Bilder aus den Katastrophengebieten zeigten auch in der Nacht auf Donnerstag Bagger, die Schutt abtrugen. Angehörige Verschütteter warteten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auf erlösende Nachrichten.
Vor allem im Norden Syriens ist das Ausmaß der Katastrophe nur schwer zu fassen. Hilfe kommt nur langsam voran - nicht zuletzt wegen der politischen Lage in dem Bürgerkriegsland. Die Nothilfe war UN-Angaben zufolge auch wegen einer zerstörten Straße zum Grenzübergang Bab al-Hawa zwischen der Türkei und Syrien erschwert gewesen, die inzwischen laut Weltgesundheitsorganisation repariert werden konnte. Die Vereinten Nationen hoffen, dass am Donnerstag wieder Lastwagen den Grenzübergang passieren können.
Auch das UN-Welternährungsprogramm (WFP) hat umgehend Hilfe auf den Weg gebracht. "Eine Region, die seit Jahren von immer neuen Krisen geplagt wird, steht vor einer weiteren Krise mit unvorstellbaren Verlusten und Zerstörungen", sagte Corinne Fleischer, WFP-Regionaldirektorin für den Nahen Osten, Nordafrika und Osteuropa. Die EU will Anfang März eine Geberkonferenz für Syrien und die Türkei abhalten.