Der Ex-RAF-Terrorist Christian Klar wird am 3. Jänner nach 26 Jahren aus der Haft entlassen. Er war in den 1970ern einer der führenden Köpfe der RAF.
Der inzwischen 56-jährige Ex-Terrorist Christian Klar wurde 1985 vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen neunfachen Mordes und elffachem Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht gehe nicht davon aus, "dass von Christian Klar künftig erneut erhebliche Straftaten zu befürchten sind", sagte eine Sprecherin des Oberlandesgerichts am Montag. Die Aussetzung der Reststrafe sei auch von der Bundesanwaltschaft befürwortet worden. Der Sprecherin zufolge beträgt die Bewährungszeit fünf Jahre.
Wegen Schleyer-Mord verurteilt
Klar wurde vom Stuttgarter
Gericht wegen aller Taten der RAF ab 1977 bis zu seiner Verhaftung für
schuldig befunden. Dazu zählten unter anderem die Morde an dem damaligen
Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seiner Begleiter, an dem
Vorstandssprecher der Dresdner Bank AG, Jürgen Ponto, und an dem
Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. Das Urteil lautete auf
sechsmal lebenslänglich sowie zusätzlich 15 Jahre Haft. 1997 entschied dann
das Oberlandesgericht Stuttgart, dass die Mindestverbüßungsdauer 26 Jahre
beträgt.
Reue abgelehnt
Im Mai vergangenen Jahres hatte der deutsche
Bundespräsident Horst Köhler eine Begnadigung Klars nach einem Gespräch mit
dem Häftling abgelehnt. Klar hatte zuvor in einem TV-Interview Reue
abgelehnt. Mit der Freilassung Klars ist Birgit Hogefeld das letzte
ehemalige Mitglied der RAF, das eine Haftstrafe verbüßt. Die heute
52-jährige Hogefeld, die zur dritten RAF-Generation zählt, wurde 1993 in Bad
Kleinen verhaftet und wegen Mordes und Mordversuchs zu lebenslanger Haft
verurteilt. Ihr Gnadengesuch war von Köhler ebenfalls abgelehnt worden.
Kritik an Haftentlassung
Die angekündigte Haftentlassung stieß
aber auch auf Kritik. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU)
sprach von einer unverständlichen Missachtung des Rechtsempfindens. "Als
Polizist, der die Zeit des RAF-Terrorismus miterlebt hat und mitansehen
musste, wie Menschen auf brutalste Weise getötet und schwer verletzt wurden,
verspüre ich heute tiefe Bitternis", sagte der Bundesvorsitzende
der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg.
Der FDP-Politiker und frühere deutsche Innenminister Gerhard Baum verteidigte wiederum die angekündigte Haftentlassung: "Das ist eine völlig korrekte Entscheidung", sagte Baum der Tageszeitung "taz" (Dienstagsausgabe). "Das ist die Normalität des Strafvollzugs. Sie muss auch für Terroristen gelten."
Praktikum beim Berliner Ensemble
Der frühere linksextreme
deutsche RAF-Terrorist wird nach seiner Haftentlassung ein Praktikum am
Berliner Ensemble (BE) beginnen. Das teilte das von Ex-Burgtheater-Direktor
Claus Peymann geleitete Theater am Schiffbauerdamm am Montag in Berlin mit.
"Wir gehen davon aus, dass Christian Klar nach seiner Haftentlassung den ihm
vor einigen Jahren auf seine Anfrage hin angebotenen Praktikumsplatz in der
Technik des BE antreten wird", hieß es in der Mitteilung.
Soll nicht in Tallkshows auftreten dürfen
Klar soll indes
nach dem Willen der CDU nach seiner Freilassung nicht als Talkshow-Gast
durch die Sender tingeln. Der Hamburger Innensenator Christoph Ahlhaus
kündigte einen entsprechenden Vorstoß bei den deutschen Radio- und
TV-Stationen an. "Ich werde die Hörfunk-und Fernsehanstalten in einem Brief
auffordern, Herrn Klar nicht auch noch in Talkshows und Interviews ein Forum
zu bieten, um seine linksradikalen, aggressiven Angriffe gegen unseren
Rechtsstaat öffentlich vor einem Millionenpublikum erneuern zu können",
erklärte Ahlhaus am Montag.
Immer noch vier mutmaßliche RAF-Mitglieder gesucht
Mehr als
zehn Jahre nach der Selbstauflösung der RAF fandet die Polizei weiter nach
Mitgliedern der einstigen Terrorgruppe. Neben Friederike Krabbe, die zur
zweiten Generation der RAF zählt, fehlt von den Mitgliedern der dritten und
letzten RAF-Generation Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard
Garweg jede Spur.
Friederike Krabbe soll 1977 an der Entführung und Ermordung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer beteiligt gewesen sein. Gegen sie besteht Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Ernst-Volker Staub wurde bereits 1984 mit RAF-Mitgliedern in einer konspirativen Wohnung in Frankfurt am Main festgenommen und verurteilt. Nach seiner Freilassung wandte er sich nach Einschätzung der Behörden erneut der RAF zu und wurde Mitglied der Kommandoebene. Daniela Klette soll an dem Schusswaffenanschlag auf die US-Botschaft im Bonner Stadtteil Bad Godesberg am 13. Februar 1991 beteiligt gewesen sein, bei dem Sachschaden entstand. Nach ihr wird wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gefahndet. Burkhard Garweg wird ebenfalls Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zur Last gelegt. Garweg hielt sich in den 80er Jahren im Umfeld der autonome Szene in Hamburg auf. Darüber hinaus ist kaum etwas über ihn bekannt.