Eine Supermarkt-Kassiererin unterschlug 1,30 Euro. Sie wurde gekündigt - zu Recht, wie nun das Arbeitsgericht in Berlin urteilte.
Wegen 1,30 Euro hat eine deutsche Supermarkt-Kassierin nach mehr als 30 Jahren ihren Job verloren. Der 50-jährigen Berlinerin war die Unterschlagung von zwei Pfandbons über 48 und 82 Cent vorgeworfen worden. Sie verlor den Rechtsstreit um ihre fristlose Kündigung jetzt auch in zweiter Instanz. Das Berliner Landesarbeitsgericht erklärte die Kündigung am Dienstag für rechtens.
Vertrauensverlust
Ihr Urteil begründeten die Richter mit einem
irreparablen Vertrauensverlust beim Arbeitgeber. Auf den geringen Wert der
Bons komme es nicht an. Schon der dringende Verdacht einer Straftat, der
sich auf objektive Tatsachen stütze, könne ein Kündigungsgrund sein. Davon
abgesehen sah es die Kammer aber auch als erwiesen an, dass die 50-Jährige
die Pfandbons aus dem Kassenbüro für sich selbst eingelöst hatte. Die
dreifache Mutter und zweifache Großmutter hatte eine Unterschlagung stets
bestritten. Sie war aber vor Gericht von Kolleginnen belastet worden.
Tränenausbruch
Die Gekündigte brach während der
Urteilsverkündung in Tränen aus. Mit einem solchen Richterspruch habe sie
nicht gerechnet, sagte sie später auf dem Gang. Ein früheres Angebot ihres
Unternehmens, die fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung
umzuwandeln, hatte die Kassierin abgelehnt.
Der Fall hatte in Deutschland über Berlin hinaus Schlagzeilen gemacht. Freunde und Gewerkschafter hatten ein Solidaritätskomitee ("Solidarität mit Emmely") gegründet. Sie sprachen von einer Verdachtskündigung, mit der die Einzelhandelskette eine missliebige, gewerkschaftlich organisierte Angestellte habe loswerden wollen.