Libyen

Gaddafi-Sohn Saif will sich stellen

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Übergangsrat: Er fordert ein Flugzeug für die Reise nach Den Haag.

Der Sohn des getöteten libyschen Machthabers Muammar Gaddafi, Saif al-Islam, fordert ein Flugzeug, um sich dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zu stellen. Zudem habe der 39-Jährige, der um sein Leben fürchtet, Sicherheiten verlangt, verlautete am Donnerstag laut der Nachrichtenagentur Reuters aus Kreisen der libyschen Übergangsrates. Zuvor hatte es in einem Zeitungsbericht geheißen, Saif al-Islam befinde sich in Begleitung südafrikanischer Söldner an der libyschen Grenze zum Niger.



Saif al-Islam wird per internationalem Haftbefehl gesucht, ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Aus Kreisen des libyschen Übergangsrates hieß es, Saif al-Islam habe Libyen nicht verlassen und halte sich bei einem einflussreichen Tuareg in der Wüste versteckt. "Saif ist um seine Sicherheit besorgt", sagte der Vertreter des Übergangsrates. "Er glaubt, dass es für ihn am besten ist, wenn er sich stellt." Saif al-Islam verlange bei seiner Überstellung an den Strafgerichtshof auch die Beteiligung eines dritten Landes - möglicherweise Algeriens oder Tunesiens. "Er will, dass ihm ein Flugzeug geschickt wird. Er will Sicherheiten."

Zuvor hatte es offiziell vom Übergangsrat in Benghazi geheißen, man wisse weder, wo sich Saif al-Islam aufhalte, noch ob er sich stellen wolle. Falls er sich aber stellen wolle, würden die libyschen Behörden beantragen, dass sowohl Saif al-Islam als auch Senussi in Libyen der Prozess gemacht werde. "Das ist das Recht des libyschen Volkes und keiner, auch der Internationale Strafgerichtshof, kann das abstreiten", sagte ein Vertreter des Übergangsrates der arabischen Zeitung "Al-Sharq Al-Awsat" am Donnerstag.

Auf Anordnung eines tunesisches Gericht wurde unterdessen der ehemaligen Gaddafi-Premierministers Al-Baghdadi al-Mahmoudi (Mahmudi) freigelassen, wie sein Anwalt am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters mitteilte. Für Mahmoudi gibt es einen Auslieferungsantrag aus Libyen. Der ehemalige Regierungschef war im Juli nach Tunesien geflohen und hatte - nach seiner dortigen Festnahme - mit einem Hungerstreik gegen sein Auslieferung protestiert.

Saif al-Islam ist der letzte der sieben Söhne Gaddafis, dessen Verbleib unklar ist. Zwei Söhne flohen nach Algerien, einer ist in Niger. Zwei Söhne starben während der Kämpfe zwischen Anhängern Gaddafis und Soldaten der Übergangsregierung. Mutassim al-Gaddafi wurde vergangene Woche zusammen mit seinem Vater in der Nähe von dessen Geburtsstadt Sirte getötet und soll mit ihm gemeinsam beerdigt worden sein. Saif al-Islam, der in Wien studierte und sich oft in Österreich aufhielt, galt lange als Kronprinz des Jahrzehnte herrschenden Machthabers, ihm wurden Reformbemühungen zugetraut. Doch seine blutrünstigen Äußerungen während des Aufstandes machten diesen Eindruck zunichte.
 

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Die letzten Minuten in Gaddafis Leben

Der ehemalige libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi ist offenbar noch lebend in die Hand der Aufständischen gefallen

In einem von Al-Arabija und CNN ausgestrahlten verwackelten Video soll Gaddafi zu sehen sein, wie er von Milizionären umringt wird.

Er scheint noch auf eigenen Beinen zu stehen und zu wanken

Sein Hemd ist blutgetränkt. Er scheint zu sprechen und seine rechte Hand zu bewegen.

Auf späteren Bildern ist der tote Gaddafi zu sehen. Ein Arzt im Krankenhaus von Misrata bestätigte nach einer Untersuchung, Gaddafi sei am Kopf und am Bauch von Schüssen getroffen worden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordete eine Untersuchung der Todesumstände.

Nach Gaddafis Tod: Alle Reaktionen

Der NATO-Generalsekretär sieht mit dem Tod Gaddafis das "Ende des Schreckens" gekommen. Er kündigt an, dass die NATO den Militäreinsatz in Libyen in Absprache mit der UNO und dem libyschen Übergangsrat bald beenden werde. Rasmussen rief die Angehörigen des Nationalen Übergangsrates zur Mäßigung auf und warnte vor Repressalien gegenüber Zivilisten und den verbliebenen Gaddafi-Anhängern.

US-Präsident Barack Obama hat den Tod des Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi als "Ende eines langen und schmerzhaften Kapitels" bezeichnet. Das libysche Volk habe nun die Chance, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, sagte Obama. Die Libyer hätten aber auch eine "große Verantwortung", eine Regierung zu schaffen, die alle gesellschaftlichen Gruppen einschließe. Der Einsatz der NATO werde nach Gaddafis Tod jedenfalls "bald zu Ende gehen", so der US-Präsident.

Der britische Außenminister William Hague kritisiert die "außergerichtliche Exekution" von Gaddafi, seinen Familienmitgliedern und engsten Vertrauten. Ihm wäre es lieber gewesen, Gaddafi und seine Gefolgsleute hätten sich vor Gericht für ihre Taten verantworten müssen. Er werde angesichts des Todes von Muammar al-Gaddafi aber "sicher nicht in Tränen ausbrechen", fügte Hague in einem Interview mit dem Sender Sky News hinzu.

Stephen Harper wünscht den Libyern nach Gaddafis Tod "Frieden und rasche Genesung". Die Tage des libyschen Diktators seien zu Ende, "er wird nie mehr in der Lage sein, den internationalen Terrorismus zu unterstützen oder Schüsse auf das eigene Volk anzuordnen." Kanada hat an der Seite Frankreichs und Großbritanniens in der NATO-Militäroperation gegen Gaddafi gekämpft.

Der Vizepräsident der USA, Joe Biden, hat zwar den Tod Gaddafis nicht offiziell bestätigt, stellte aber fest: Die Nato hat es richtig gemacht", fuhr Biden fort. "Mit Gaddafi ist es vorbei, ob er am Leben oder ob er tot ist, das libysche Volk ist einen Diktator losgeworden, und ... es hat eine Chance." Biden betonte weiter, dass die USA zwei Milliarden Dollar im Rahmen des Einsatzes ausgegeben hätten und "kein Menschenleben verloren haben".

Nach dem Tod des libyschen Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi hofft Russland auf Frieden in dem nordafrikanischen Land. Kremlchef Dmitri Medwedew forderte die Vertreter des Übergangsrates und der verschiedenen Stämme zu einer Einigung über die künftige Regierung auf. "Libyen muss ein moderner demokratischer Staat werden", sagte Medwedew am Donnerstag bei einem Treffen mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte in Moskau nach Angaben der Agentur Itar-Tass. Zu diesem Zeitpunkt ging der Kremlchef noch von einer Gefangennahme Gaddafis aus.

Für Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy ist Gaddafis "Verschwinden" ein "wichtiger Meilenstein" auf dem Weg zur endgültigen Befreiung Libyens. Die libysche Bevölkerung stehe vor ganz neuen Zeiten. Die Befreiung von Sirte "muss der Beginn eines konsequenten Prozesses sein, mit Hilfe des Nationalen Übergangsrates ein demokratisches System zu etablieren, in dem alle Elemente des Landes ihren Platz finden und in dem die Grundfreiheiten garantiert sind", so Sarkozy in einer am Abend veröffentlichten Erklärung.

Mit dem Tod des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi geht nach den Worten von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel ein blutiger Krieg zu Ende, den dieser gegen sein eigenes Volk geführt habe. "Dieser Tag setzt einen Schlusspunkt unter das Regime Gaddafi, es ist ein wichtiger Tag für die Libyer", erklärte Merkel am Donnerstag. "Der Weg ist nun endgültig frei für einen politischen Neuanfang in Frieden. Darüber ist Deutschland erleichtert und froh."

Auch Ban Ki-Moon zeigte sich in einer ersten Reaktion erfreut über das Ende von 42 Jahren Gewaltherrschaft in Libyen. Gaddafis Tod bedeute einen "historischen Wendepunkt in der Geschichte Libyens". Der weitere Weg für die libysche Bevölkerung werde aber "schwer und voller Herausforderungen" sein. "Jetzt ist es an der Zeit, dass alle Libyer zusammenkommen", sagte Ban. Der UN-Generalsekretär rief die Kämpfer auf beiden Seiten auf, ihre Waffen niederzulegen. "Das ist eine Zeit für Wiederaufbau und Heilung."

"Einem demokratischen Neubeginn in Libyen steht nichts mehr entgegen", stellt Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann zur Nachricht über den Tod des früheren libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi am Donnerstag fest. "Die Befehle zum gewaltsamen Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung sind besonders zu verurteilen. Wegen Gaddafis Entscheidungen waren tausende Opfer zu beklagen." Über die vergangenen Jahrzehnte habe das Gaddafi-Regime die Grund- und Menschrechte immer wieder verletzt und viel Leid über die Zivilbevölkerung gebracht, betont der Bundeskanzler.

"Mit dem Tod von Muammar Gaddafi gehen mehr als 42 Jahre Diktatur in Libyen zu Ende. Wenngleich Freude über den Tod eines Menschen nie angebracht ist, herrscht ein Gefühl der Erleichterung, denn jetzt hat das Blutvergießen endgültig ein Ende. Die Befreiung Libyens ist damit unwiderruflich, die Tür für eine bessere Zukunft des Landes steht weit offen", erklärte Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger in einer ersten Reaktion auf die Nachricht über den Tod Muammar Gaddafis.

Der französische Außenminister Alain Juppé begrüßt das "Ende der Tyrannei in Libyen". Mit dem Tod Gaddafis gingen 42 Jahre Schreckensherrschaft zu Ende, sowie ein sehr schmerzhafter Kampf des libyschen Volks gegen den Diktator, so Juppé in Paris. Frankreich sei stolz darauf, das libysche Volk im Kampf für Freiheit und Demokratie unterstützt zu haben.

Der britische Premierminister begrüßte die Nachricht von Gaddafis Tod und rief dazu auf, der vielen Opfer Gaddafis zu gedenken. Er sei stolz auf den Beitrag Großbritanniens zur Befreiung Libyens. Cameron würdigte besonders die Leistung der libyschen Rebellen bei der Niederschlagung des Gaddafi-Regimes. Jetzt sei der Weg endgültig frei für Frieden und Demokratie in Libyen, so der britische Regierungschef.

Die US-Außenministerin wollte Gaddafis Tod zunächst nicht offiziell bestätigen. In einem ersten Statement meinte sie aber, wenn sich "die Rebellen nicht mehr durch Gaddafi bedroht" fühlten, würde "dies den Übergangsprozess in Libyen wesentlich erleichtern."

Als "Ende einer Ära von Depotismus und Repression" hat EU-Ratspräsident den Tod von Muammar al-Gaddafi bezeichnet.

Barroso spricht sagte in einer gemeinsamen Erklärung mit Van Rompuy: ""Heute kann Libyen ein Kapitel seiner Geschichte abschließen und eine neue demokratische Zukunft in Angriff nehmen."

"Der Krieg ist zu Ende": Mit diesen Worten hat Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi am Donnerstag Medienberichte kommentiert, nach denen der libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi getötet worden sei. Laut Berlusconis Vertrauensleuten habe der Premier den lateinischen Spruch "Sic transit gloria mundi" (So vergeht der Ruhm der Welt) hinzugefügt.

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