Bemühungen
Großbritannien will Freilassung der Teddy-Lehrerin
29.11.2007
Die britische Lehrerin ist inzwischen seit acht Tagen in Haft. Muslimische Abgeordnete aus London sind in den Sudan gereist um zu vermitteln.
Muslimische Vertreter des britischen Oberhauses haben am Wochenende Hoffnung auf eine vorzeitige Freilassung der im Sudan inhaftierten Lehrerin Gillian Gibbons geäußert. Labour-Politiker Lord Ahmed und Baronin Sayeeda Warsi von der Konservativen Partei reisten am Samstag in den Sudan, um sich für die wegen Beleidigung des Islams zu 15 Tagen Haft verurteilte Frau einzusetzen.
In guter Verfassung
Die 54-Jährige sei in guter Verfassung,
sagten die britischen Parlamentarier. Die Oberhaus-Vertreter versuchten am
Sonntag weiter, den sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Bashir zu
treffen. Dieser kann als einziger Gibbons begnadigen. Den britischen
Parlamentariern zufolge üben religiöse Gruppierungen einen starken Druck auf
die sudanesische Regierung aus und fordern, keine Nachsicht gegenüber
Gibbons zu zeigen. So hätten Prediger verlangt, die Lehrerin erneut vor
Gericht zu stellen, sagte Ahmed.
Trotz allem gute Laune
"Gillian hatte überraschend gute Laune",
sagte Warsi gegenüber dem Sender Sky News. Gibbons wandte sich am Wochenende
erstmals selbst an die Öffentlichkeit. "Ich möchte, dass die Menschen
wissen, dass ich gut behandelt werde und vor allem, dass ich anständig zu
essen bekomme", erklärte sie am Samstagabend in einer Mitteilung an den
britischen Sender Channel 4.
Demos gegen zu mildes Urteil
Einen Tag nach der Verurteilung
einer britischen Lehrerin im Sudan haben nach unterschiedlichen Angaben
mehrere hundert bis Tausende Demonstranten in der Hauptstadt Khartum den Tod
der 54-Jährigen gefordert. "Wer den Propheten beleidigt, ist des
Todes", riefen sie in Sprechchören. Andere Demonstranten schwenkten
nach dem Freitagsgebet in Khartum grüne Flaggen des Islam und Holzschwerter
oder verbrannten Zeitungen mit dem Bild der Lehrerin. Ein sudanesisches
Gericht hatte die Britin zu 15 Tagen Haft und anschließender Ausweisung aus
dem Land verurteilt, weil sie ihre Schüler einen Teddybären "Mohammed"
nennen ließ.
Demo offenbar nicht von Regierung organisiert
Einige
Demonstranten trugen Schlagstöcke, Messer und Äxte bei sich, allerdings
keine automatischen Waffen - Beobachtern zufolge ein Hinweis darauf, dass
die Demonstration nicht von der Regierung organisiert wurde. Während der
Gebete hatte der Geistliche in der größten Moschee der Stadt die Lehrerin
scharf verurteilt. "Diese Dame zu inhaftieren stillt nicht den Durst
der Muslime im Sudan", erklärte der bekannte Hardliner. "Aber
wir begrüßen die Inhaftierung und Ausweisung." Gibbons sei
eine arrogante Frau, die Hass auf den Propheten Mohammed gelehrt habe.
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Großbritannien bemühte sich unterdessen auf diplomatischem Weg um eine Lösung der Krise. Premier Gordon Brown sprach mit einem Angehörigen der Lehrerin und übermittelte ihm sein Bedauern, wie eine Sprecherin des Regierungschefs erklärte. Außenminister David Miliband hatte bereits am Donnerstagabend den sudanesischen Botschafter einbestellt und ihn darüber informiert, dass London enttäuscht über das Urteil sei. Die britischen Muslime kritisierten das Vorgehen gegen die Lehrerin. Der Generalsekretär des Muslimischen Rates in Großbritannien, Muhammad Abdul Bari, warf den sudanesischen Behörden eine Überreaktion vor.
Schuldig
Der Rechtsanwalt von Gillian Gibbons sagte, sie sei am
Donnerstag wegen Schmähung der Religion für schuldig befunden worden. Nach
sudanesischem Recht hätte die 54-Jährige mit 40 Peitschenhieben sowie sechs
Monaten Haft und einer Geldstrafe bestraft werden können. Der Anwalt der
54-jährigen Britin kündigte Berufung an.
Die an einer sudanesischen Privatschule beschäftigte Gillian Gibbons hatte es zugelassen, dass ihre siebenjährigen Schüler einem im Unterricht verwendeten Teddy-Bären den Namen "Mohammed" gaben.
Nach Eltern-Beschwerden festgenommen
Die Lehrerin war am Sonntag
nach einer Anzeige einer sudanesischen Schulmitarbeiterin sowie Beschwerden
von Eltern festgenommen worden. Die Sache habe ursprünglich "nur
innerhalb der Schule diskutiert werden sollen", sagte ein Sprecher der
sudanesischen Botschaft in London. "Aber wütende Eltern haben sich
beschwert und den Fall vor das Bildungsministerium gebracht." Die
Lehrerin versicherte, dass sie niemanden habe beleidigen wollen.
"Missverständnis"
Das Außenministerium in London
nannte das Urteil "extrem enttäuschend". Man werde noch am
Donnerstagabend den sudanesischen Botschafter für eine Erklärung
einbestellen. Auch die größte muslimische Organisation in Großbritannien,
der Muslim Council of Britain, kritisierte das Urteil. Dagegen nannte der
führende Anwalt der Verteidigung das Urteil "nicht schlecht".
Auch der Direktor der Unity High School in Khartum, wo Gibbons unterrichtet
hatte, zeigte sich zufrieden. Es sei ein faires Urteil. "Es gab eine
Menge politischen Druck und Aufmerksamkeit", sagte er. Man sei jedoch
sehr traurig über den Verlust der Lehrerin. Vor Gericht wurden die
Sekretärin der Schule und der Beamte, der den Fall untersucht hatte, als
Zeugen angehört.
USA sind empört
Die US-Regierung sprang Großbritannien am
Donnerstagabend zur Seite und verurteilte das Urteil als "empörend".
Regierungssprecherin Dana Perino sagte in Washington, die USA stünden hinter
den Bemühungen der "britischen Verbündeten", die
Lehrerin vor der sudanesischen Justiz zu beschützen. Allerdings werde
Präsident George W. Bush nicht in den Fall eingreifen. "Die Briten
werden das alleine erledigen", sagte Perino.
Anwalt beinahe nicht zugelassen
Der Anwalt musste am Donnerstag
zunächst darum kämpfen, in den Gerichtssaal eingelassen zu werden. Britische
Diplomaten sowie Vertreter der Unity High School, Gibbons' Arbeitgeber,
mussten draußenbleiben. Generalstaatsanwalt Salah Eddin Abu Zaid versprach,
Gibbons werde einen "schnellen und fairen Prozess" erhalten. Die
obersten muslimischen Geistlichen im Sudan forderten eine harte Bestrafung
der Lehrerin wegen Gotteslästerung. Sie stellten sie auf eine Stufe mit dem
Autor Salman Rushdie, dessen "Satanische Verse" 1989 zum
Mordaufruf des damaligen iranischen Ayatollah Ruhollah Khomeini geführt
hatten.