Rund 400.000 Menschen sollen umgesiedelt werden.
Gewalt bei der Lebensmittel-Verteilung, Diskussionen um den Wiederaufbau und gigantische Spendenaktionen: Zehn Tage nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti kommt die Hilfe für Millionen Bedürftige auf Touren. Internationale Hilfsorganisationen fingen am Freitag an, Nahrung im größeren Stil zu verteilen. Doch bei der Ausgabe kam es in einigen Fällen zu Gewalt.
Zugleich begann eine Debatte über den Wiederaufbau im ärmsten Land des amerikanischen Kontinents. Die USA lehnten unterdessen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Haiti ab. Die Spendenbereitschaft der Menschen weltweit wird dagegen mit teils spektakulären Aktionen von Stars aus Film, Musik und Fernsehen unterstützt.
"Die Erdbeben-Katastrophe ist keine Gelegenheit zur Auswanderung in die USA", sagte die amerikanische Heimatschutzministerin Janet Napolitano am Freitag in der spanischen Stadt Toledo. Sie rief die Haitianer dazu auf, in ihrem Land zu bleiben und beim Wiederaufbau zu helfen. Die Ministerin wies darauf hin, dass Washington den illegalen Einwanderern aus Haiti, die bereits vor dem Erdbeben in die USA gelangt seien, ein befristetes Bleiberecht gewähre. Illegale Zuwanderer, die nach der Erdbeben-Katastrophe in die USA zu gelangen versuchten, würden nach Haiti zurückgeschickt.
400.000 Menschen umsiedeln
Die Regierung will 400.000 Überlebende
des verheerenden Erdbebens aus der zerstörten Hauptstadt in provisorische
Unterkünfte außerhalb von Port-au-Prince umsiedeln. Das kündigte der
Stabschef von Präsident Rene Preval am Donnerstag an. Als Grund nannte Fritz
Longchamp die schlimme sanitäre Situation in den hunderten Zeltlagern in der
Hauptstadt, in denen die Obdachlosen nach dem Erdbeben vom 12. Jänner
Unterschlupf gefunden haben.
Mann erschossen
Die
Polizei von Haiti erschoss in Port-au-Prince einen Mann, der einen Sack Reis
unter dem Arm hatte. Er sei wohl für einen Plünderer gehalten worden,
berichtete der US-Nachrichtensender CNN.
Jobs nötig
Nach Ansicht des UN-Sondergesandten Bill Clinton
sind für den Wiederaufbau in Haiti vor allem Jobs notwendig. "Die USA haben
mit solchen Programmen große Erfahrung in Nahost und in Afghanistan", sagte
der frühere US-Präsident am Donnerstag bei den Vereinten Nationen in New
York. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon betonte, die ganze Welt stehe
hinter Haiti und helfe beim Aufbau. Der Chef des Internationalen
Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, forderte für Haiti
Wiederaufbauhilfen nach dem Vorbild des Marshall-Plans.
"Die Phase des Rettens ist jetzt fast abgeschlossen, nun muss die Versorgung der Menschen und vor allem der Wiederaufbau in den Mittelpunkt rücken", betonte der UN-Generalsekretär. Deshalb hätten die Vereinten Nationen das "Cash for Work"-Programm gestartet. Dabei bekommen die Haitianer, die Trümmer räumen oder Straßen ausbessern, fünf Dollar (3,50 Euro) am Tag.
Beim Wiederaufbau des erdbebenzerstörten Haitis muss nach Ansicht der Vereinten Nationen besonders auf eine stabilere, sicherere Bauweise geachtet werden. "Haiti hatte keine Chance und hätte auch nicht auf ein Desaster dieses Ausmaßes vorbereitet sein können", schrieb die für Katastrophenbegrenzungen zuständige UN-Behörde UNISDR in Genf. Wesentlich beigetragen zum großen Ausmaß der Katastrophe hätten auf instabilem Untergrund gebaute Gebäude.
Charity
Stars aus Film, Musik und Fernsehen wollen in der Nacht
auf Samstag bei
einer US-Fernsehshow Spenden sammeln. Ihre Hilfe zugesagt haben auch
Hollywood-Schauspieler wie Meryl Streep, Nicole Kidman, Brad Pitt, Clint
Eastwood und Tom Hanks, berichtete "People.com". Die Aktion mit mehr als 100
Stars aus Film, Musik und Fernsehen wird auch im deutschen Fernsehen
übertragen.
Serie von Nachbeben
Die Serie von Nachbeben in Haiti wird nach
Ansicht von US-Experten noch Monate, vielleicht sogar Jahre andauern. Zwar
würden die Abstände zwischen den einzelnen Beben mit der Zeit größer. Nach
wie vor drohten in den kommenden Monaten aber auch Erschütterungen mit
großem Zerstörungspotenzial, heißt es in einer Lageeinschätzung der
US-Erdbebenbehörde USGS.
Helfer aus aller Welt arbeiten unterdessen weiter rund um die Uhr bis zur völligen Erschöpfung. Noch neun Tage nach dem Jahrhundertbeben der Stärke 7,0, bei dem womöglich bis zu 200 000 Menschen starben, fanden sie noch Überlebende.