ÖSTERREICH in Haiti
Haiti: Jetzt herrscht Lynch-Justiz
17.01.2010
Die Hölle von Haiti – jetzt versinkt das Land auch noch in roher Gewalt. Lynchjustiz und Bandenterror halten im Chaos der Hauptstadt Einzug.
Neue Fotos aus Port-au-Prince schockieren und verstören zutiefst. Sie zeigen einen älteren Mann, er ist nackt, gefesselt, der Mob zieht ihn an zwei Seilen durch eine staubige Straße. Ein Jugendlicher prügelt mit einem Stock auf den geschundenen Körper ein, immer wieder. Sie fotografieren mit dem Handy. Dann werfen sie Müll und Gerümpel auf den Körper – und zünden ihn einfach an.
Diese grausame Hinrichtung – es war Lynchjustiz. Die Polizei hatte den Mann beim Plündern erwischt. Mit einem Pick-up wurde er nach Pétionville, einem Vorort von Port-au-Prince, gebracht. Als der Mob erfuhr, was der Mann angestellt hat, brach rohe Gewalt aus. Eine Gruppe von Männern zerrte den Mann vom Polizei-Pick-up, dann begann die Straf-Tortur ... Immer häufiger kommt es zu solchen Szenen.
Todesopfer bei Schießerei mit Sicherheits-Kräften
In
einer ehemaligen Einkaufsstraße der Hauptstadt kämpften gestern 1.000
aufgebrachte Menschen um Alltagsgegenstände wie T-Shirts, die in den
Geschäften liegen. Die Plünderer gingen dabei auch mit Steinen, Messern und
Spitzhacken aufeinander los. Die Polizei (in der ganzen Stadt nur 2.000)
erschoss dabei mindestens einen Mann.
In den Slums von Port-au-Prince haben bewaffnete Banden die Herrschaft übernommen. Mit Sturmgewehren, Messern und Pistolen ziehen sie durch die verwüsteten Gassen und verbreiten Angst und Schrecken.
Leichen neben ÖSTERREICH-Reporter
„Sie sind aus Gefängnissen
ausgebrochen und nun versuchen sie, die Leute auszurauben“, erzählt die
34-jährige Elgin St. Louis. 6.000 Verbrecher, viele von ihnen zu
lebenslanger Haft verurteilt, sind aus den eingestürzten Gefängnissen des
Landes getürmt. Zu Tausenden flüchten Überlebende jetzt aus der Gewalthölle
Port-au-Prince.
Denn auch auf die bisher eher „sicheren“ Zonen schwappt die Gewalt über. ÖSTERREICH-Reporter Herbert Bauernebel fand nahe seinem Schlafplatz zwei Leichen – ermordet, beraubt, und liegen gelassen.