Vier der 28 Angeklagten wurden zur Höchstrafe von 40.000 Jahren Haft verurteilt. Überraschung: Sieben Beschuldigte wurden freigesprochen.
Im Prozess um die Terroranschläge vom 11. März 2004 in Madrid hat das Gericht am Mittwoch 21 der 28 Angeklagten schuldig gesprochen. Die übrigen sieben wurden freigesprochen. Die Entscheidung der drei Richter der Strafkammer unter dem Vorsitz von Javier Gomez Bermudez fiel einstimmig. Bei den Anschlägen auf vier Vorortzüge im morgendlichen Berufsverkehr waren vor dreieinhalb Jahren 191 Menschen getötet und mehr als 1.800 worden. Die Tat wird der islamistischen Extremistengruppe Al-Kaida zugeschrieben.
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Vier der Hauptangeklagten wurden wegen Mordes und weiterer Anklagepunkte schuldig gesprochen. Sie wurden zur Höchststrafe von fast 40.000 Jahren Haft verurteilt. 14 Beschuldigte wurden wegen geringerer Straftaten, wie der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Gruppe, schuldig gesprochen.
Zougam erhielt Höchststrafe
Unter den Hauptangeklagten, die
die Höchststrafe erhielten, war auch der Marokkaner Jamal Zougam. Allerdings
darf nach spanischem Recht niemand länger als 40 Jahre im Gefängnis bleiben.
Der Spanier Emilio Suarez Trashorras erhielt wegen Beschaffung des
Sprengstoffs ebenfalls mehrere tausend Jahre Haft.
Jamal Zougam (c) Reuters
Freigesprochen wurde dagegen unter anderem der als "Mohammed der Ägypter" bekannte Rabei Osman Sayed Ahmed, der wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Italien in Haft sitzt. Er soll sich in einem abgehörten Telefongespräch damit gebrüstet haben, die Anschläge seien seine Idee gewesen. Sieben mutmaßliche Haupttäter hatten sich drei Wochen nach den Anschlägen der Festnahme entzogen, indem sie sich selbst das Leben nahmen, als sie in einer Wohnung bei Madrid von Polizisten umstellt wurden.
Rabei Osman Sayed Ahmed (c) AP
ETA nicht an Terror beteiligt
In seiner Urteilsbegründung
schloss Richter Gomez Bermudez eine Beteiligung der baskischen
Separatistenorganisation ETA an den Anschlägen aus. Dafür gebe es keine
Beweise. Die drei Tage nach den Anschlägen abgewählte konservative Regierung
hatte die ETA beschuldigt, die Anschläge verübt zu haben. Auch während des
Prozesses wurden entsprechende Theorien wiederholt dargelegt. Allerdings
hatten sich Islamisten zu den Anschlägen bekannt und bezeichneten sie als
Racheakt für die Entsendung spanischer Truppen in den Irak.
Die 28 Angeklagten hatten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Die Verurteilten werden voraussichtlich Rechtsmittel gegen die Schuldsprüche einlegen.
Entschädigung für Opfer
Den Opfern sprach das Gericht
Entschädigungen zwischen 30.000 Euro und 1,5 Millionen Euro pro Person zu.
Überlebende und Angehörige der Getöteten hatten im Gericht gespannt auf das
Urteil gewartet. "Wir sind sehr nervös. Aber wir glauben, dass die
Richter genügend Beweise für ein Urteil haben, dass uns zufriedenstellt",
sagte Jesus Ramirez, dessen Beine bei dem Anschlag zerfetzt worden waren.
Die Urteilsverkündung durch Richter Javier Gomez Bermudez erfolgte unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Polizeihunde durchsuchten den Gerichtssaal nach Sprengstoff, über dem Gebäude in Madrid kreisten Hubschrauber. Wegen des großen Andrangs im Gerichtssaal begann die Urteilsverkündung verspätet. Der fünfmonatige Prozess war im Juli zu Ende gegangen.
Spektakulärer Prozess
Bereits im Verlauf des Prozesses wurde
die Anklage gegen einen der anfangs 29 Angeklagten, einen Marokkaner,
mangels Beweisen fallengelassen. Der Prozess hatte heuer von Mitte Februar
bis Anfang Juli gedauert. Die Verhandlungstage genauso wie die
Urteilsverkündung wurden fast ausnahmslos live im Fernsehen übertragen. Rund
300 Zeugen und 60 Fachleute wurden befragt. Die Staatsanwaltschaft forderte
für die 28 Angeklagten ein Strafmaß in der Rekordhöhe von insgesamt 311.865
Jahren Haft. Spaniens Strafrecht sieht die Addition sämtlicher Einzelstrafen
vor, allerdings liegt die maximale Haftzeit bei 40 Jahren. Eine Verurteilung
zu lebenslanger Haft gibt es nicht.