Eine unheimliche Serie von Hai-Attacken schockt Australien. Die Sommerferien werden für viele zum Alptraum. Die Killer-Angriffe häufen sich.
An Australiens Badestränden geht die Angst vor dem Weißen Hai um: Eine Serie blutiger Angriffe auf Surfer und Schnorchler ist mitten in den Sommerferien auf der Südhalbkugel zum beherrschenden Thema geworden. "Das wird noch schlimmer", prophezeit der Haifischjäger Vic Hislop. Ursache sei die zunehmende Überfischung der Gewässer, durch die den Haien die Nahrungsgrundlage entzogen werde, warnt der Experte. "Die Menschen sind die nächsten in der Nahrungskette." Andere Fachleute bezweifeln diesen Zusammenhang.
Tödliche Attacke
Die Haiangriffe halten die Menschen seit
Wochen in Atem. Ende Dezember verschwand der 51-jährige Bankangestellte
Brian Guest in einem Strudel aus Haifischflossen und Blut, als er mit seinem
Sohn südlich von Perth an der Westküste Australiens beim Schnorcheln war.
Seine Leiche wurde nicht gefunden. Jetzt gab es drei Angriffe binnen 24
Stunden: Vergangenen Sonntag wurden zwei Surfer mit Bisswunden ins
Krankenhaus gebracht, einer an der Ostküste nördlich von Sydney, der andere
auf der Insel Tasmanien. Und am Montag wurde ein Schnorchler südlich von
Sydney vermutlich von einem Bullenhai attackiert.
Mit dem Schrecken kam ein Paddler davon, dessen Kajak von einem riesigen weißen Hai an einem beliebten Strand in einem Vorort von Sydney zum Kentern gebracht wurde. Mit sensationsheischenden Überschriften wie "Flucht vor den Kiefern eines Killers" im "Daily Telegraph" berichten die australischen Zeitungen in allen Einzelheiten über jeden Zwischenfall. Illustriert werden die Geschichten mit den Bildern der Opfer oder dem Foto eines Surfbretts, aus dem ein riesiges Stück herausgebissen wurde.
Das Surfbrett gehört der 13-jährigen Hannah Mighall, die am Sonntag vor dem Strand von Binalong auf Tasmanien surfte, als ein auf fünf Meter geschätzter Weißer Hai sie angriff. "Sie schlug auf ihn ein und schrie: Mach das weg, mach das weg", erzählte ihr Cousin Syb Mundy im Radio. "Sie rief, dass ihr Bein wehtut, und dann war das Wasser auch schon voller Blut, man konnte gar nichts mehr sehen." Der 33 Jahre alte Mundy wird als Held gefeiert, weil er todesmutig zu seiner Cousine paddelte und sie auf sein eigenes Surfbrett hievte. Gemeinsam gelang es ihnen, sich an den Strand in Sicherheit zu bringen. Nach Angaben der Ärzte ist das Mädchen nach einer Operation mittlerweile außer Lebensgefahr.
"Keine Panik"
Bei aller Aufregung - die offiziellen
Zahlen sind bisher kein Anlass zur Panik, wie John West betont, der
Verwalter des australischen Registers für Haiangriffe im Taronga-Zoo von
Sidney. "In den vergangenen 50 Jahren hatten wir im Schnitt
durchschnittlich 1,2 Todesfälle pro Jahr", sagt er. "Die
Bevölkerung wächst, immer mehr Menschen gehen ins Meer, im Verhältnis dazu
geht die Todesrate eher zurück." Der Experte bestreitet auch, dass
der Mensch für den Hai ein geeignetes Nahrungsmittel sei. "Dann
wäre niemand mehr sicher im Meer."
194 Tote in zwei Jahrhunderten
In den vergangenen zwei
Jahrhunderten wurden insgesamt 194 Menschen in Australien durch Haie getötet
- eine Zahl, die Forscher immer wieder betonen lässt, dass es
wahrscheinlicher sei, durch einen Insektenstich oder einen Blitzschlag zu
sterben. Doch die Überfälle der Raubfische erregen riesiges Aufsehen. "Es
war wie eine Szene aus 'Der Weiße Hai'", erinnert sich ein
Augenzeuge nach dem Angriff auf die 13-jährige Hannah. "Der Hai
umkreiste sie, kam aus dem Wasser, und sie schrie. Wie im Film."