Eine EU-Skulptur des Bildhauers Cerny sorgt für Wirbel: Der Künstler erfand die Biografien, darunter auch diejenige einer Österreicherin.
Tschechiens EU-Ratspräsidentschaft ist bei ihrer künstlerischen Präsentation offenbar auf den renommierten Bildhauer David Cerny (41) hereingefallen. Der Prager Europaminister Alexandr Vondra zeigte sich am Dienstagabend "unangenehm überrascht". Mit 27 Beiträgen von Künstlern aus angeblich allen 27 EU-Ländern schmückt die Großinstallation "Entropa" das Brüsseler Ratsgebäude - doch Cerny erfand einfach Künstlerbiografien für die eigentlich bis zum Juni geplante Ausstellung.
"Sabrina Unterberger" aus Österreich
Eine
Broschüre zur meterhohen Skulptur nennt etwa Helmut Bauer als Urheber des
deutschen Beitrags, eines Labyrinths aus stilisierten Autobahnen. Doch einen
solchen "künstlerischen Helmut Bauer" gibt es anscheinend gar
nicht, fand die tschechische Nachrichtenagentur CTK am Dienstag heraus.
Ebensowenig eine Österreicherin namens Sabrina Unterberger oder den Griechen
Angelo Navridis.
Ob alle 26 Künstler außer Cerny reine Erfindungen sind, blieb am Dienstagabend in Prag noch unklar. Am Montag war "Entropa" in Brüssel enthüllt worden. Die als Collage gestaltete Installation soll mit ihren Beiträgen aus allen EU-Mitgliedsstaaten nach tschechischer Interpretation die kulturelle Vielfalt Europas ausdrücken.
"Das Werk sollte Künstler aus allen 27 EU-Ländern beteiligen", sagte Vondra. "Cerny trägt die volle Verantwortung dafür, seine Verpflichtungen und Versprechen nicht eingehalten zu haben." Man werde am Donnerstag weitere Informationen bekanntgeben. Cerny entschuldigte sich unterdessen in einem Schreiben an CTK bei der tschechischen EU-Führung. Es sei nicht gewollt gewesen, dass Politiker "für diese Art der politisch inkorrekten Satire Verantwortung übernehmen müssen".
Bekannter Künstler
Cerny ist in Deutschland durch die
Bronzeskulptur "Quo Vadis" bekannt, die als vierbeiniger Trabbi im
Original in Leipzig und als Kopie im Park der Deutschen Botschaft Prag an
die Ausreise von DDR-Bürgern im Herbst 1989 erinnert. Mit "Entropa"
war er von der tschechischen Regierung beauftragt worden. Cernys
Kunstverständnis ist von Witz und Ironie geprägt.
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