Nahost

Massenproteste in Jerusalem gegen Regierung

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In Jerusalem haben erneut Tausende gegen die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu protestiert. 

Die Polizei setzte am Donnerstag Wasserwerfer gegen die Demonstrierenden ein und nahm mehrere von ihnen fest. Es war der dritte Tag in Folge, an dem Kritiker gegen die von Netanyahu betriebene Entlassung des Chefs des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ronen Bar, und die Wiederaufnahme der israelischen Offensive im Gazastreifen protestierten.

Die Demonstranten fürchten um die noch immer im Gazastreifen festgehaltenen 59 Geiseln und um die Zukunft Israels. "Wir sind sehr, sehr besorgt, dass unser Land zur Diktatur wird", sagte der 59-jährige Rinat Hadashi in Jerusalem. "Sie lassen die Geiseln im Stich, und sie vernachlässigen all das, was wichtig ist für dieses Land."

Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten

In Jerusalem kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten, als Hunderte Menschen auf der Straße marschierten, die zum Amtssitz des Ministerpräsidenten führt. Dort versuchten nach Polizeiangaben Dutzende Demonstrierende, die Absperrungen zu durchbrechen. Es waren auch Kundgebungen am Hauptquartier des Militärs in Tel Aviv geplant.

Am Mittwoch waren regierungskritische Demonstranten und Gegendemonstranten aneinandergeraten. Das zeigt, wie tief die Spaltung in der israelischen Gesellschaft geworden ist, seit der Konservative Netanyahu Ende 2022 an die Macht zurückgekehrt ist - an der Spitze einer Koalition, die so weit rechts steht wie keine vor ihr und der rechtsextreme und fundamentalistische orthodoxe Parteien angehören.

Erbost sind zahlreiche Israelis wegen der Entlassung von Geheimdienstchef Bar, die das Kabinett am Freitag voraussichtlich formell genehmigen wird. Das Verhältnis zwischen Netanyahu und Bar gilt seit langem als zerrüttet. Derzeit ermittelt der Shin Bet wegen mutmaßlich illegaler Beziehungen von Netanyahu-Vertrauten zu Katar. Das Land gilt als Verbündeter der Hamas und ist zusammen mit Ägypten Vermittler zwischen den Kriegsparteien Israel und Hamas. Netanyahu wertet die Ermittlungen von Shin Bet als politisch motivierten Angriff. Gegen Netanyahu selbst läuft seit Jahren ein Prozess wegen des Vorwurfs der Korruption und Einflussnahme. Ihm und seiner Frau wird vorgeworfen, in großem Stil Geschenke angenommen zu haben. Außerdem soll der Regierungschef Einfluss auf die Berichterstattung von "Yedi'ot Achronot", der größten Zeitung in Israel, genommen haben.

Jahrelange Kritik an Netanyahu

Schon vor Beginn des Krieges zwischen Israel und Hamas im Gazastreifen gab es regelmäßig Massenproteste gegen die Bestrebungen der Regierung, den Einfluss der Justiz zu beschneiden. Kritiker sehen in dem Vorhaben einen Angriff auf die Demokratie. Die weit rechts stehende Regierung argumentiert dagegen, sie müsse die Übermacht der Justiz einschränken.

Seit Beginn des Krieges mit dem Angriff der radikal-islamischen Hamas am 07. Oktober 2023 auf den Süden Israels protestieren zudem Angehörige und Unterstützer der Geiseln, die die Hamas verschleppt hat. Sie werfen der Regierung vor, nicht genug für die Freilassung der Geiseln zu tun. In der erneuten Offensive im Gazastreifen, mit der Israel die Waffenruhe de facto gebrochen hat, sehen die Angehörigen eine lebensbedrohliche Gefahr für die Geiseln.

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