Schwere Vorwürfe gegen die Junta in Burma: Sie zwingt die Sturmopfer, die Notunterkünfte zu verlassen. Sie sollen nach Hause - ohne Wasser und Nahrung.
Die burmesische Militärdiktatur macht sich nach Informationen der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" (HRW) daran, zahlreiche Wirbelsturmopfer zu zwingen, die Notunterkünfte zu verlassen. "Es ist skrupellos von Burmas Generälen, Sturmopfer in ihre zerstörten Wohnorte zurückzubringen", sagte HRW-Asien-Direktor Brad Adams am vergangenen Wochenende in Bangkok. Ohne Obdach, Nahrung und sauberes Wasser bedeute das, diese geplagten Menschen geradezu in den Tod zu schicken und eine noch viel größere Katastrophe herbeizuführen. Zahlreiche Menschen, die nach der Zyklon-Katastrophe in buddhistischen Klöstern untergekommen waren, berichteten in den vergangenen zwei Wochen, die Behörden würden sie zur Rückkehr in ihre völlig zerstörten Dörfer im Irrawaddy-Delta zwingen.
133.000 Menschen tot
Nach dem Wirbelsturm "Nargis" Anfang Mai
gelten in dem südostasiatischen Land 133.000 Menschen als tot oder vermisst.
Zehntausende leben in Behelfsunterkünften, nachdem sie durch die Katastrophe
alles verloren haben. Der regionale Beauftragte der Vereinten Nationen für
Katastrophenhilfe, Terje Skavdal, verurteilte jegliche Form von
Zwangsrückführung. Das Regime hatte scharfe Kritik an der ausländischen
Hilfe für die Opfer des verheerenden Wirbelsturms geübt und erklärt, die
Bevölkerung komme auch ohne die "Schokoladenriegel" ausländischer Helfer
zurecht. Der von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi angeführten
Demokratiebewegung warf die Militärjunta vor, die Folgen des Wirbelsturms
zur Anstiftung eines Aufruhrs nutzen zu wollen. Suu Kyis Nationale Liga für
Demokratie (NLD) versuche, "die Unzufriedenheit der Opfer und die Probleme
zu schüren, damit die Wut der Öffentlichkeit in Aufruhr ausartet", hieß es
in einem Leitartikel des Junta-Organs "The New Light of Myanmar". Der
Hausarrest für Suu Kyi wurde in der vergangenen Woche um ein weiteres Jahr
verlängert.
Kritik aus den USA
US-Verteidigungsminister Robert Gates hat die
Militärjunta unter General Than Shwe wegen der Behinderung internationaler
Hilfe an den Pranger gestellt. Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit für
die ausländischen Helfer koste Zehntausende von Menschenleben, sagte Gates
am Samstag auf einer regionalen Sicherheitskonferenz in Singapur. "Unsere
Schiffe und Flugzeuge warteten auf die Zustimmung, um umgehend zur Rettung
Tausender einschreiten zu können". Diese Zustimmung sei beispielsweise nach
dem Tsunami 2004 in Indonesien und nach einem Zyklon in Bangladesch im
November 2007 von den dortigen Regierungen rasch erteilt worden. "In Burma
ist die Lage ganz anders - zum Preis von Zehntausenden von Menschenleben",
so Gates. 2003 hatten die USA Finanzsanktionen gegen Burma verhängt.
US-Präsident George W. Bush hatte die Sanktionen zuletzt weiter verschärft.
Dazu gehören ein Einfuhrverbot für alle Waren aus Burma und ein
Einreiseverbot für Personen mit Verbindungen zur Junta. Die US-Regierung ist
zudem verpflichtet, alle Kreditentscheidungen der Weltbank und des
Internationalen Währungsfonds zugunsten des burmesischen Regimes abzulehnen.
Die von der Junta erlassene und in einem fragwürdigen Plebiszit mit angeblich mehr als 92 Prozent der Stimmen gebilligte neue Verfassung wurde am Donnerstag offiziell in Kraft gesetzt. Sie zementiert die Macht des Militärs, das sich 25 Prozent der Parlamentssitze und die Schlüsselministerien vorbehält. Die neue Verfassung tritt an die Stelle der 1988 außer Kraft gesetzten staatssozialistischen Verfassung, die 1974 unter der Diktatur von General Ne Win eingeführt worden war. Burma wird seit 1962 vom Militär regiert. Aung San Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie hatte Wahlen zu einer Verfassunggebenden Versammlung 1990 mit Vierfünftelmehrheit gewonnen, doch hatten die Militärs den Urnengang annulliert und die Machtübergabe an eine Zivilregierung verweigert.