Das südböhmische Atomkraftwerk Temelin meldet einen weiteren Vorfall. Der Reaktor des zweiten Blocks wurde automatisch abgeschaltet.
Wie Temelin-Sprecher Milan Nebesar mitteilte, wurde der zweite Block am Donnerstag kurz vor Mittag automatisch abgeschaltet. Der Grund sei ein "fehlerhaftes Signal" im Regulierungssystem der Wasserzufuhr in den Dampfgenerator im sekundären, also nicht atomaren Teil des Kraftwerkes.
Bald wieder in Betrieb
Die anderen Systeme der Anlage hätten "völlig
im Einklang" reagiert und der Block sei abgestellt worden. Nebesar
teilte weiters mit, dass es zuletzt 2004 zu einer automatischen Abschaltung
des Reaktors in Temelin gekommen sei. Dieser wird laut dem Sprecher nach der
Überprüfung und Behebung des Problems wieder in Betrieb genommen.
"Die Techniker gehen davon aus, dass der Block bereits im Laufe des Freitagvormittags ans Netz angeschlossen werden sollte", so Nebesar. Das Umweltministerium in Wien wurde über die "Info-Hotline" von dem Zwischenfall unterrichtet. Umweltminister Josef Pröll betonte zu diesem Anlass, dass die tschechische Seite die Anleitungen der Experten ernst nehmen müsse, wie sein Sprecher Daniel Kapp mitteilte. Er betonte außerdem, dass der bilaterale Sicherheitsdialog fortgesetzt werden solle - im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung Österreichs und Tschechiens.
Völkerrechtliche Schritte
Österreich wird völkerrechtliche
Schritte gegen die offizielle Betriebsgenehmigung von Temelin prüfen. Das
kündigte Umweltminister Josef Pröll (V) nach einem Gespräch mit dem neuen
tschechischen Botschafter Jan Koukal am Donnerstag an. Tschechien müsse alle
Vereinbarungen des Melker Protokolls und des Brüsseler Abkommens erfüllen,
erklärte Pröll. Österreich beharre auch weiterhin auf der "Nullvariante",
also der Stilllegung des umstrittenen AKW. Und Österreich sei zudem "massiv"
an der Weiterführung des bilateralen Sicherheitsdialogs interessiert.
Koukal habe Pröll gegenüber angedeutet, dass Tschechien den Sicherheitsdialog abbrechen könnte, sollte es zu weiteren Grenzblockaden kommen. Koukal erklärte, dass Grenzblockaden wie jene vom vergangenen Sonntag als Verletzung internationaler Vereinbarungen gesehen werden könnten. Die Melker Vereinbarung sei allerdings "kein internationales Abkommen, sondern nur ein Protokoll, eine Berichterstattung von den Verhandlungen, und ihre Verletzung ist gerichtlich nicht klagbar", sagte der Botschafter.
"Herumlavieren muss ein Ende haben"
Sowohl die Grünen,
die SPÖ, die FPÖ als auch das BZÖ mahnten zu raschen Taten. "Taten statt
Verzögerungsstrategien" in Sachen Temelin verlangte der oberösterreichische
Umweltlandesrat Rudi Anschober (G) von der Bundesregierung. "Das
Herumlavieren muss ein Ende haben", erklärte auch die Grüne Umweltsprecherin
Ruperta Lichtenecker. SPÖ-Klubobmann Karl Frais forderte einen offiziellen
diplomatischen Protest wegen Bruchs des Melker Abkommens.
Wenn Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) nicht in Tschechien den Bruch des Abkommens offiziell durch eine Protestnote deponiere, "werden mindestens vier Grenzübergänge durch Protestaktionen nicht mehr passierbar sein", kündigte "atomstopp_oberoesterreich" an. Kritik an Schüssel kam auch vom oberösterreichischen FPÖ-Landesparteiobmann Lutz Weinzinger. Er stellte die Frage, ob das Melker Abkommen lediglich eine "Alibi-Aktion" gewesen sei, "um die Bevölkerung zu täuschen?". Pröll müsse "noch stärker aktiv werden", forderte auch der oberösterreichische BZÖ-Landtagsabgeordnete Josef Brunmair. Das Ziel müsse weiterhin die Abschaltung des "berüchtigten Pannenreaktors" sein.