Keine Schubumkehr
Niki Lauda widerspricht spanischen Ermittlern
25.08.2008
Die Untersuchungen der spanischen Behörden laufen in Richtung aktivierter Schubumkehr. Für Niki Lauda ist das nicht nachvollziehbar.
Die Ermittlungen zum verheerenden Flugzeugabsturz in Madrid mit 154 Toten ließen am Dienstag vermuten, dass der Jet zu wenig Kraft hatte um von der Startbahn abzuheben.
Fest steht mittlerweile, dass ein Triebwerk der Spanair-Maschine auf Schubumkehr geschaltet war. Laut Tageszeitung El Pais bestätigte der Großteil der 18 Überlebenden die Wahrnehmung der Stewardess Antonia Martínez: „Mir fiel auf, dass der Jet viel zu schwach war.“
Lauda skeptisch
Für den Flugexperten Niki Lauda ist die Frage
nach der eventuell aktivierten Schubumkehr zum gegenwärtigen Zeitpunkt
zweitrangig. „Wenn es stimmt, dass die Maschine 500 Meter mehr Runway
gebraucht hat als normal, dann hat sie einfach zu langsam beschleunigt. Und
daher hat der Jet vermutlich seine Abhebe-Geschwindigkeit nicht erreicht.
Die große Frage ist das Warum“, erklärte Niki Lauda gegenüber ÖSTERREICH.
Routine
Das Angehen der Schubumkehr sei Bestandteil des
Pilotentrainings am Flugsimulator. „Das ist so wie der Ausfall eines
Triebwerkes - nur ärger, weil ja die Schubumkehr nach vorne schiebt. So
etwas kann man als Pilot auch fliegen, deswegen stürzt man nicht ab.
Voraussetzung ist aber, dass alles andere funktioniert“, so Lauda weiter.
„Die Schubumkehr war sicher nicht der Grund dafür, dass der Jet zum Starten
500 Meter zu viel gebraucht hat.“
Mehrere Gründe
Lauda zeigte sich davon überzeugt, dass bei
dem Unfall „mehrere Faktoren zusammengekommen sind“. Und die gelte es jetzt
zu finden. Brisanter als das Thema Schubumkehr sei die Frage, warum der
Flieger so spät abhob - „zumal er“, so Lauda, „vier Tonnen unter seinem
Maximalgewicht wog“.
Identifizierung dauert an
Fünf Tage nach der Madrider
Flugzeugkatastrophe ist mehr als die Hälfte der 154 Toten identifiziert
worden. Bei den übrigen Opfern könne der Prozess der Identifizierung sich
allerdings noch bis zu zwei Wochen hinziehen. Wegen des Feuers und der Hitze
bei dem Flugzeugabsturz seien die Proben zur Anfertigung der DNA-Analysen "in
einem schlechten Zustand". In einzelnen Fällen dürfte die
Identifizierung sogar unmöglich sein. Bisher sei die Identität von 86 Toten
festgestellt worden.
Auch über das Schicksal einer Familie aus Pullach bei München gebe es noch keine Klarheit. Das LKA München habe DNA-Spuren nach Spanien geschickt, die derzeit ausgewertet würden. Das Ehepaar und seine beiden Kinder standen auf der Passagierliste des Unglücksfluges.