7 Tage in Trümmern
Österreicherin rettet Haiti-Opfer
20.01.2010
"Ich bin okay... sozusagen“, sagte die fast 70-Jährige zu Ruth Schöffl. Sie war eine Woche lang unter den Trümmern gelegen.
Die Lage schien völlig hoffnungslos: Dort, wo die Kathedrale der haitianischen Hauptstadt in den Himmel ragte, ist nur noch Schutt, meterhoch, tonnenschwer.
Ein mexikanisches Caritas-Rettungsteam sucht trotzdem nach Überlebenden – sieben Tage nach dem Beben. Mit dabei: Caritas-Helferin Ruth Schöffl (33) aus Hellmonsödt (OÖ).
Schwache Hilferufe
Plötzlich passiert das Unvorstellbare: Aus
einem Luftloch in der Tiefe hören die Retter schwache Hilferufe und
entdecken eine Frau – völlig mit Schutt und Staub bedeckt. Die 69-Jährige
liegt in drei Meter Tiefe. Sie hatte großes Glück: Ein verkeilter Balken
über ihr hat verhindert, dass nach dem Beben mehr Geröll auf sie fiel. Das
Rettungsteam spricht nur spanisch, die Überlebende aber französisch. Ruth
Schöffl (eigentlich Pressesprecherin des Wiener Caritas-Direktors Michael
Landau), die fünf Sprachen beherrscht, muss zum Einsatz.
„Ich bin okay … sozusagen"
Mit Handschuhen, Helm
und Mundschutz klettert die 33-jährige Magistra (Publizistik und
Französisch) in das Loch – und spricht als Erste mit der Überlebenden. „Ich
bin okay … sozusagen“, stammelt die tapfere Frau. „Ich habe versucht,
beruhigend auf sie einzureden. Sie hatte natürlich Angst und Schmerzen“,
schildert Schöffl. „Als sie befreit war und wir sie mit der Trage wegbringen
wollten, grinste sie über das ganze Gesicht und fing an zu singen. Es war
ein so ergreifender Moment. Es ist einfach unglaublich, dass sie noch lebte.
Allen standen Tränen in den Augen“, berichtet Schöffl.
Kein Platz im Spital
Unvorstellbar: Die Frau bekommt vorerst
keinen Platz in einem Spital. Sie wird in einem einfachen Feldlazarett
untersucht: Dehydriert, mit gebrochenem Bein, ausgerenktem Oberschenkel – so
wartete Zizi eine Woche auf Rettung. Gestern konnte sie operiert werden.
Auch zwei weitere Wunder konnten die Helfer gestern vermelden: In den Überresten eines Supermarktes wurde Hotteline Lozama (26) lebend geborgen, kurze Zeit später fand ein Team im Süden des Landes ein Kleinkind: Elisabeth konnte nach fünf Stunden lebend aus den Trümmern geholt werden.
121 kleine Wunder
Insgesamt konnten die 52 Rettungsteams mit
1.820 Helfern und 175 Hunden nach UN-Angaben bisher rund 121 Menschen lebend
retten. Für geschätzte 200.000 Opfer kam jede Hilfe zu spät, 72.000 Leichen
wurden bereits geborgen.