Concorde-Crash

Prozess wird zum Expertenstreit

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Zwei Versionen des Unfallhergangs stehen sich gegenüber. Kritik gibt es an den Ermittlern.

Der Prozess um den Concorde-Absturz bei Paris droht vom Start weg im Expertenstreit zu versinken. Zwei mit insgesamt 534 Beweisstücken belegte Versionen des Unfallhergangs stehen sich unversöhnlich gegenüber. Dabei gerät auch die Glaubwürdigkeit der Experten des französischen Luftfahrtamtes DGAC ins Visier. Angeklagt sind die US-Fluggesellschaft Continental Airlines und zwei ihrer Techniker, ein ehemaliger Mitarbeiter des DGAC und zwei Verantwortliche des Concorde-Programms des Herstellers Aérospatiale.

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© oe24
(c) AP

Die Concorde der Air France war am 25. Juli 2000 vom Pariser Flughafen Charles-de-Gaulle gestartet. An Bord waren 100 Passagiere und neun Besatzungsmitglieder. Schon vor dem Abheben fing das schlanke Flugzeug Feuer. Der Pilot versuchte, auf dem wenige Kilometer entfernten alten Flughafen Le Bourget zu landen. Doch auf halbem Wege raste das Flugzeug in Gonesse mit einem riesigen Feuerschweif in ein Hotel. 113 Menschen starben in den Trümmern, darunter vier aus dem Hotel.

Schuld bei Reifenhersteller?
Doch warum wurde der Tank des Traumfliegers aufgerissen - und wann? Für die offiziellen Unfallermittler ist die Sache klar: Beim Start rollte die Concorde über eine Metall-Lamelle, die von einer alten DC-10 der US-Fluggesellschaft Continental abgefallen war. Die Lamelle war bei der Reparatur des Schubumkehr-Mantels offenbar unsachgerecht an die DC-10 angebracht worden.

Und sie war aus dem falschen Material, nämlich steifem Titan. Die Folgen waren tödlich:  Ein Reifen der Concorde platzte, Reifenteile durchschlugen den im Flügel eingebauten Tank und der ausströmende Treibstoff fing Feuer. Ist also Continental Schuld?

Flugzeug war überladen
Alles Unsinn, sagt der von Continental engagierte Staranwalt Olivier Metzner. Die Concorde habe schon 800 Meter vor der Stelle gebrannt, wo die DC-10 das Metallstück verloren hatte. Dafür gebe es Dutzende Augenzeugen. Der Reifen soll zerfetzt sein, als die Concorde über eine - nach dem Unglück eingeebnete - Bodenstufe in der Rollbahn fuhr. Oder ein Wasserabweiser löste sich vom Fahrwerk und durchschlug den Tank. Nach dieser Version trägt Air France große Schuld. Deren Techniker hatten beim Warten der Concorde vergessen, einen Ring zwischen den Rädern zu montieren, der das Flattern der Reifen beim Start verhindern soll. Außerdem war das Flugzeug überladen. Der Stoß von der Bodenstufe besorgte dann den Rest.

In 24 Betriebsjahren vor dem Unfall hatte es immerhin 65 Vorfälle mit den Reifen oder Rädern gegeben. In sechs Fällen wurden die Tanks von Trümmerteilen beschädigt, ohne dass es zu Bränden kam. Im Juli 1979 war eine Concorde in Washington nur knapp einer Katastrophe entgangen: Sie konnte mit durchschlagenem Tank nach dem Start sicher landen, weil der auslaufende Treibstoff nicht Feuer fing. Daraufhin prüfte das DGAC, ob die Tanks gegen Schläge von unten verstärkt werden müssten. Doch nichts geschah - bis zur Katastrophe von Gonesse. Probleme seien damals totgeschwiegen worden, sagte der frühere Concorde-Kopilot Richard Pauperoux der Zeitung "Le Journal du Dimanche": "Das war die Omerta."

Urteil für Herbst erwartet
Jetzt soll die Wahrheit auf den Tisch. Die letzten Plädoyers sind am 28. Mai angesetzt; das Urteil wird im Herbst erwartet. Mehr als 150 Journalisten von Japan bis Kanada verfolgen das Gerichtsspektakel in Pontoise bei Paris. Dagegen kamen nur wenige Hinterbliebene: Die meisten hatten mit einer Entschädigung auf eine Nebenklage verzichtet. Der Auftakt des Prozesses wurde nur von einem deutschen Nebenkläger verfolgt.

Doch es gibt auch andere Betroffene. Eine Polin, die in dem Hotel gearbeitet hatte, erklärte, sie sei traumatisiert. Sie könne nicht mehr in ein Flugzeug steigen und habe den Beruf wechseln müssen. "Ich bin froh, dass nach zehn Jahren Stille jetzt endlich wieder über das Unglück geredet wird", sagte sie.

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