Sittenpolizei

Saudis verbieten Tierverkauf wegen Flirtgefahr

03.08.2008

Laut der Sittenpolizei in Saudi-Arabien benutzen Männer Hunde zum Anbandeln. Ein Verbot soll dem nun ein Ende bereiten.

Zur Vollversion des Artikels
© DPA
Zur Vollversion des Artikels

Ein Spaziergang mit dem Hund im Park ist für saudi-arabische Männer die ideale Voraussetzung für einen Flirt mit interessierten Hundehalterinnen. Das ist der religiösen Sittenpolizei, die penibel darauf achtet, die Geschlechter voneinander getrennt zu halten, inzwischen ein Dorn im Auge. Jetzt soll Schluss sein mit derartigen unzüchtigen Kontakten: Der Verkauf von Hunden und Katzen soll in der Hauptstadt Riad künftig verboten sein, ebenso wie das Gassigehen.

Beschlagnahmung des Hundes
Die Stadtbehörden kündigten am Donnerstag an, das Verbot werde strikt überwacht und durchgesetzt werden. Wer beim Ausführen seines Haustieres erwischt werde, müsse mit der Beschlagnahmung seines kleinen Lieblings rechnen. Dann solle der erwischte Gassigeher eine Erklärung unterschreiben, wonach er es nie wieder tun würde, erklärte der Chef der Sittenpolizei, Othman al Othman. Als Grund nannte er der Zeitung "Al Hajat" das "zunehmende Phänomen von Männern, die Katzen und Hunde nutzen, um bei Frauen vorbeizugehen und Familien zu belästigen."

Auch in den Städten Mekka und Dschidda gibt es seit langem ein Verbot von Haustieren - auf dem Papier zumindest. Umgesetzt wurden die Regelungen bisher kaum. Haustiere haben in den Ländern der arabischen Welt keine Tradition. Hunde werden zudem als unrein betrachtet, und gläubige Muslime vermeiden jeden direkten Kontakt mit den Tieren. Daher ist es in Riad ohnehin ein sehr seltener Anblick, wenn jemand seine Katze oder seinen Hund spazieren führt - ungeachtet der Befürchtungen der Sittenpolizei.

Tierhändler unbekümmert
"Wenn ein Mann mit einem Haustier gefasst wird, wird das Haustier sofort konfisziert", erklärte Al Othman. Das Verbot wurde "Al Hajat" zufolge vom Gouverneur der Provinz Riad, Prinz Sattam, auf Anraten eines Rates bedeutender islamischer Geistlicher verfügt. Direktiven solcher Exekutivkommissionen werden oft nicht öffentlich als neue Gesetze bekanntgemacht. Die Medienberichte vom Donnerstag legten eine sofortige Wirksamkeit nahe - ohne, dass die Folgen in der Hauptstadt zu erkennen waren.

Verschiedene Tierhändler erklärten, sie wüssten nichts von einem Bann und verkauften munter weiter. "Ich habe nichts von einem Verbot gehört", sagte auch der 28-jährige Jasser al Abdullah, der mit seinem drei Monate alten Collie in eine Tierhandlung gekommen war. Zu Hause hat der Tierliebhaber noch einen knapp ein Jahr alten Labrador. "Ich werde der Sittenpolizei nicht erlauben, mir meine Hunde wegzunehmen."

Wachsame Sittenpolizei
Die Sittenpolizei ist ständig in den Straßen und Einkaufszentren des Königreichs unterwegs um sicherzustellen, dass sich unverheiratete Frauen und Männer nicht zu nahe kommen und die Frauen ausreichend verhüllt sind. Männer werden auch immer wieder aufgefordert, beten zu gehen. Die Sittenpolizei versucht, jede mögliche Lücke im Überwachungssystem zu schließen.

2004 verordnete sie ein Verbot von Mobiltelefonen mit eingebauter Kamera, aus Furcht, Männer und Frauen könnten darüber Bilder von sich austauschen. Das Verbot scheiterte jedoch an der Beliebtheit der Geräte und musste widerrufen werden. Tatsächlich bietet sich innerhalb eines autoritären Kontrollstaats hier ein kleiner Freiraum. Im Iran werden Handys beispielsweise häufig zur Übertragung von Bildern, Videos oder Daten benutzt, am besten per Bluetooth-Übertragung, die keine nachvollziehbaren Spuren hinterlässt.

Gefährliche Verwestlichung
Das Haustierverbot kann auch ein Teil des Versuchs sein, die Menschen ganz vom Halten der Tiere abzubringen. Die konservativen Gelehrten sehen in der Haustierhaltung eine gefährliche Verwestlichung, genauso wie in Fast Food, Popmusik oder Blue Jeans. Die Ablehnung von Hunden ist in der muslimischen Welt weit verbreitet, die Stellung von Katzen jedoch subtiler: Einige der Hadithen, der traditionellen Überlieferungen des Propheten Mohammed, fordern die Gläubigen auf, Katzen gut zu behandeln. Der Prophet ließ demnach einmal eine Katze aus dem Wasser trinken, mit dem er später seine rituelle Waschung vornahm.

In einer anderen Hadithe verurteilt er eine Frau, die eine Katze eingesperrt und vernachlässigt hatte. Streunende Katzen sind denn auch in vielen islamischen Ländern gegenwärtig. Oft füttern die Menschen sie und spielen mit ihnen. Streunende Hunde hingegen gelten nur als lästige Pest. Sollte das Verbot von der Sittenpolizei durchgesetzt werden, bleibt den Saudi-Arabern immer noch das Handy: Sie können sich zumindest Bilder ihrer lieben Haustiere zuschicken.

Zur Vollversion des Artikels