Drei Seeleute und der Kapitän des Schiffes sind nach wie vor in Afrika.
Die Besatzung des vor vier Tagen wieder aufgetauchten Frachters "Arctic Sea" ist entgegen erster Angaben doch nicht vollständig in Moskau gelandet. Der Kapitän sowie drei weitere russische Seeleute seien noch immer auf einem Schiff vor dem westafrikanischen Inselstaat Kap Verde. Zuvor hatte es unter Berufung auf das Verteidigungsministerium geheißen, alle 15 befreiten Seeleute seien mit russischen Militärmaschinen in Moskau gelandet. Grund dafür, dass vier Seeleute noch in Afrika sind, ist die Vermutung, dass sie etwas mit dem vermeintlichen Überfall zu tun gehabt haben.
An Bord der insgesamt drei Flugzeuge vom Typ Iljuschin Il-76 seien elf Crewmitglieder, die mutmaßlichen acht Piraten sowie die Ermittler gewesen. Die acht mutmaßlichen Seeräuber sind nach der Landung auf dem Moskauer Militärflughafen Tschkalowski in Untersuchungshaft genommen worden. Das russische Staatsfernsehen zeigte, wie die Gefesselten von Militärs aus dem Flugzeug abgeführt wurden.
Waffen geschmuggelt?
Nach Angaben der russischen
Staatsanwaltschaft drohen den festgenommenen Esten, Letten und Russen 20
Jahre Gefängnis. Sie sollen den angeblich mit Holz beladenen Frachter Ende
Juli gekapert haben. Militärexperten vermuten, dass die "Arctic Sea"
auch Waffen geschmuggelt haben könnte. Russische und ukrainische Zeitungen
schrieben, dass es sich um Marschflugkörper handeln könnte. So seien mit
Atomsprengköpfen bestückbare Raketen vom Typ X-55, die aus Sowjetzeiten
stammten, bereits in der Vergangenheit in den Iran geschmuggelt worden,
berichtete die Moskauer Zeitung "Nowyje Iswestija". Die Ukraine hatte 2005
den Schmuggel von Raketen dieses Typs an den Iran und China eingeräumt. Die
Raketen können von dem Jagdbomber Suchoi SU-24 abgefeuert werden, die
Flugzeuge sowjetischer Bauart gelten als Rückgrat der iranischen Luftwaffe.
Die ukrainische Internetzeitung "Obosrewatel" berichtete ohne Angabe von Quellen, dass vier X-55-Raketen bei einer Reparatur der "Arctic Sea" in der russischen Ostseeregion Kaliningrad um die frühere Stadt Königsberg an Bord gebracht worden seien. Allerdings hätten sich in den Kisten keine atomaren Sprengköpfe befunden. Die Autoren des Artikels gehen davon aus, dass Geheimdienste mehrerer Länder in den Fall verwickelt sind. Die "Arctic Sea" habe die Raketen an Islamisten in Algerien übergeben wollen, die wiederum über ihre Kanäle eine Lieferung der X-55 an den Iran geplant hätten.