Die Weltgesundheitsorganisation hat gut 60 Tote durch Influenza in Mexiko bestätigt und die Behörden weltweit alarmiert. Österreich trifft keine größeren Maßnahmen.
Eine in Mexiko grassierende Virusvariante der Schweinegrippe hat möglicherweise bereits Dutzende Menschen getötet. Laut Weltgesundheitsorganisation sind bisher 62 Menschen in Mexiko an der Influenza gestorben. Allerdings ist die spezielle Virusvariante bisher nur bei 18 Fällen als Schweinegrippe (A/H1N1) identifiziert worden. In den USA (Südkalifornien und Texas) ist der Erreger bei acht Erkrankten nachgewiesen worden. WHO-Chefin Margaret Chan bezeichnet die Situation als "ernst", man habe aber noch kein volles Bild.
"Potenzial für eine Pandemie"
Die Regierung in
Mexiko berichtete über insgesamt fast 860 seit Mitte März an
Lungenentzündung erkrankte Menschen allein in Mexiko-Stadt. Die WHO sprach
davon, dass die Ausbreitung der Grippe vor allem auf junge, sonst gesunde
Erwachsene und die Übertragung von Mensch zu Mensch Sorgen mache.
WHO-Generaldirektorin Chan: "Die Situation ist ernst. Diese Influenza hat
das Potenzial für eine Pandemie. Die Krankheit wird aber noch zuwenig
verstanden." Man könne nicht sagen, ob das der Beginn einer Pandemie sei.
Ö trifft keine "größeren Maßnahmen"
Die
Genfer Organisation steht in ständigem Kontakt mit den Behörden in Mexiko
und den USA (CDC) sowie anderen Ländern der Region. Das Europäische Zentrum
für Krankheitskontrolle (ECDC) in Stockholm ist ebenfalls eingebunden. Auch
die österreichischen Stellen sind informiert und in die Beratungen
involviert. "Wir müssen wachsam beobachten, werden aber in Europa vorerst
voraussichtlich keine größeren Maßnahmen treffen", so der Generaldirektor
für die Öffentliche Gesundheit im österreichischen Gesundheitsministerium,
Hubert Hrabcik.
"Keine schlimme Erkrankungswelle"
Der Experte: "Es gibt
acht Fälle in den USA, sechs in Kalifornien und zwei in Texas. Nur in einem
Fall war eine Hospitalisierung notwendig." Von einer fulminant ausbreitenden
Erkrankungswelle in Mexiko könne man offenbar nicht sprechen. Hrabcik: "In
Mexiko wurden seit dem 18. März demnach 854 Fälle von Pneumonien
registriert. In Mexiko-Stadt sind 59 Patienten verstorben. In einem kleinen
Ort in Zentralmexiko gab es 24 Fälle einer grippeähnlichen Erkrankung mit
drei Toten - und dann gab es noch in einer Ortschaft an der Grenze zu den
USA vier Fälle, dort aber keinen Todesfall." Der Zeitraum sei also schon
relativ groß. Hinzu kommt, dass es in Mexiko derzeit eine starke saisonale
(normale) Influenza-Welle gibt. Nach den Symptomen lassen sich die beiden
Krankheiten - "normale" Influenza und Schweinegrippe - nicht unterscheiden.
Gefahrenpotenzial noch unklar
Der Wiener Sozialmediziner Michael
Kunze, Initiator des Österreichischen Pandemie-Planes, erklärte: "Das ist
etwas Neues. Diese Schweinegrippe wird offenbar auch von Mensch zu Mensch
übertragen. Aber es ist noch zu früh, um das genaue Gefahrenpotenzial zu
ermitteln. Die positive Nachricht liegt darin, dass die Neuraminidase-Hemmer
(Oseltamivir/"Tamiflu") wirken. Mir ist aufgefallen, dass in Mexiko jetzt
viele Menschen Schutzmasken tragen. Hier in Österreich hat man darüber
gelacht."
Subtypus gebildet
Völlig neu laut dem ECDC sind die genetischen
Veränderungen bei dem Schweine-Virus: "Bezüglich des Erregers wurden vier
Gen-Segmente identifiziert, die von den Erregern der amerikanischen
Schweine-Influenza, der nordamerikanischen Vogelgrippe, der humanen
Influenza und der Schweine-Influenza aus Europa und Asien stammen."
Tamiflu-Krisenlager noch versperrt
Die WHO hat bisher nicht die
Freigabe des beim Pharmakonzern Roche installierten Krisenlagers für
Oseltamivir ("Tamiflu") beantragt. Bei dem Unternehmen sind aufgrund einer
Abmachung mit der WHO ständig drei Millionen Packungen des Medikaments
vorrätig. Bei Influenza-Pandemie-Alarm könnten sie binnen 24 Stunden in jede
Weltregion transportiert werden, um durch Prophylaxe und sofortige
Behandlung eine weitere Verbreitung zu verhindern.
An Reisebeschränkungen im internationalen Flugverkehr wurde bisher generell nicht gedacht. Hrabcik: "Spanien hat einige Flüge gesperrt." Das sei aber verständlich wegen vermehrter Kontakte mit Mexiko. Die US-CDC hätten eine Reisewarnung für Zentralmexiko und Mexiko-Stadt herausgegeben. Für Österreich drängten sich keine speziellen Maßnahmen auf. Es gibt keine Direktflüge von Mexiko nach Wien.