Erkennt man Kriminelle bereits im Kindesalter? Scotland Yard ist dieser Ansicht - und speichert präventiv die DNA von auffälligen Kindern.
Scotland Yard wünscht sich eine größere genetische Datenbank, um auffälligen Kindern DNA-Proben zu entnehmen, damit kriminelle Laufbahnen verhindert und Kriminalfälle schneller gelöst werden können. Lehrer und Eltern sprechen von einer Stigmatisierung von Problemkindern und sehen Großbritannien auf dem Weg zu einem Polizeistaat.
Ist ein Fünfjähriger, der seinen Mitschüler schlägt ein potenzieller Gewalttäter oder eine Sechsjährige, die dem Banknachbarn das Pausenbrot klaut, auf dem Weg zu einer Karriere als Trickdiebin? Die Möglichkeit besteht, sagt Scotland Yard und sorgt jetzt mit einem neuen Vorstoß für Aufregung in Großbritannien.
Auf dem Weg zum Polizeistaat?
Die Polizei wünscht sich eine
größere genetische Datenbank. Es müsse überlegt werden, ob auffällige Kinder
DNA-Proben abgeben sollten, um kriminelle Laufbahnen zu verhindern und
Kriminalfälle schneller zu lösen. Lehrer und Eltern sprechen von einer
Stigmatisierung von Problemkindern, und Bürgerrechtler sehen Großbritannien
auf dem Weg zu einem Polizeistaat.
Scotland Yard sieht Geldersparnis
Wenn alle auffälligen Kinder in
einer DNA-Datenbank gespeichert sind, sparen wir uns in Zukunft Zeit und
Milliarden an Kosten um Kriminalfälle aufzuklären, und wir können schon
frühzeitig verhindern, dass der Nachwuchs auf die schiefe Bahn gerät. Diese
Logik steckt hinter dem Vorschlag von Gary Pugh, leitender Kriminaltechniker
bei Scotland Yard.
Der Vorstoß schockt Eltern, Lehrer und Bürgerrechtsaktivisten. Schwierige Kinder würden eine Art Kains-Mal verpasst bekommen, befürchten sie. Gareth Crossmann von der Organisation Liberty: "Ich verstehe, was Mr. Pugh sagen will, aber die Idee ist sehr schlecht. Er facht damit wieder die Diskussion an, von wem DNA-Proben genommen werden sollten."
Erkennt man Kriminelle im Kindesalter?
Crossmann glaubt, dass
DNA-Proben von Kindern eine selbst erfüllende Prophezeiung wären: "Er
spricht schon von Fünfjährigen, die in die Datenbank kommen sollen. Wenn man
einem Kind sagt, wir speichern deine genetischen Daten, weil wird dich als
potenziellen Kriminellen herausgefiltert haben, ist die Chance sehr hoch,
dass das auch passieren wird."
Mega-Datenbank
Die Insel hat schon jetzt europaweit die größte
genetische Datenbank mit 4,5 Millionen Proben, ein Viertel stammt von
Jugendlichen. Die Regierung erlaubt der Polizei, nur beim geringsten Anlass
DNA-Proben zu sammeln.
"Wir haben jetzt die Situation, dass jeder, der festgenommen wird, egal ob er nur ein Packung Smarties geklaut oder gebettelt hat, in der DNA-Datenbank landet - für immer."
"Unschuldig, aber gespeichert"
Stellt sich heraus, dass
ein Verdächtiger unschuldig ist, bleiben Fingerabdrücke und Speichelproben
im Computer - sicher ist sicher. Großbritannien ist das einzige Land, das
diese Art der Überwachung praktiziert. Scotland Yard hat ein Interview zu
diesem Thema mit dem ORF abgelehnt. Es würden verschiedene Möglichkeiten
geprüft, frühes kriminelles Verhalten zu stoppen. Spezielle
Kinder-Betreuungsprogramme allein sind keine Lösung, glaubt man hier.