Gesetzeslücke
So tricksen Deutsche Rauchrebellen die Steuer aus
12.12.2007
Die Tabakbauern des Vereins "Deutsche Hecke" wollen von Schleswig-Holstein aus eine Rebellion starten und keine Tabaksteuer mehr zahlen.
"Wir bauen unseren Tabak selber an und werden eigene Zigaretten produzieren", sagt Norman Fuhrmann. Der 47-Jährige ist Vorsitzender der "Deutschen Hecke". Der Verein mit dem etwas seltsamen Namen ist die erste Tabakanbau-Organisation in Deutschland. Mit diesem Modell sollen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und die Tabaksteuer ausgetrickst werden.
Gesetzeslücke nützen
Die "Rauchrebellen" wollen das
Qualmen in Deutschland durch das Ausnutzen von Gesetzeslücken
revolutionieren - und haben nun jede Menge Ärger mit Zoll und
Staatsanwaltschaft. Der Knackpunkt ist Paragraf 6, Absatz 2 des deutschen
Tabaksteuergesetzes. Dort heißt es: Tabakwaren, die aus selbst angebautem
Rohtabak hergestellt und für den eigenen Bedarf verwendet werden, sind
steuerfrei. "Wenn unser Beispiel Schule macht, könnte ein Teil der 14,4
Milliarden Euro Tabaksteuer wegfallen", sagt Fuhrmann.
Deutsche Plantage auf den Azoren
Und so soll der
Eigenbedarf-Trick funktionieren: Jedes der 400 Mitglieder bekommt 99
Tabakpflanzen auf der Plantage des Vereins auf den zu Portugal gehörenden
Azoren. Auf der Atlantikinsel lebende deutsche Auswanderer verarbeiten den
Tabak zur Privat-Marke "Deutsche Hecke". Vom nächsten Monat an wollen sie
Stangen zum Preis von 16 Euro an jedes Mitglied schicken. Gewerblicher
Handel ist untersagt, nur der Eigenbedarf darf gedeckt werden. "Unser
Vorgehen ist vollkommen legal", sagt Fuhrmann.
Finanzbehörde schließt Steuerbefreiung aus
Das sieht
die für die Tabaksteuer zuständige Oberfinanzdirektion in Köln ganz anders:
"Das ist schlichtweg nicht in Ordnung. Nur wenn jedes Mitglied Anbau und
Fermentierung selbst durchführt, könnte man noch von Eigenbedarf sprechen",
sagt Konstantin Chlorokostas. Mit dem Finanzministerium sei das Problem noch
nicht erörtert worden. "Einen solchen Fall hatten wir noch nicht, dass im
Rahmen eines Vereins ein angeblicher Eigenbedarf organisiert werden soll."
Sobald Geld gezahlt werde, liege gewerblicher Handel vor, "und der schließt eine Steuerbefreiung aus", sagt der Finanzexperte. Bei einem Versand von Zigaretten aus dem Ausland werde auf jeden Fall eine Steuerabgabe fällig. Versuche, der Steuer auf dieser Weise ein Schnippchen zu schlagen, nehmen zu: Allein 2006 hat der deutsche Zoll 415 Millionen illegal eingeführte Zigaretten sichergestellt.
Illegaler Handel im großen Stil
Bis die ersten Stangen mit
je 200 Zigaretten eintreffen, wollten Fuhrmann & Co. das Rauchen für die
Mitglieder durch den Versand von Zigaretten aus EU-Ländern, die weniger
Tabaksteuer erheben, billiger machen. Polizei und Staatsanwaltschaft
vermuteten illegalen Handel in großem Stil. Ein 35 Mann starkes Kommando
stürmte vor kurzem die Wohnungen von Fuhrmann und des zweiten Vorsitzenden
Peter Burmeister. Steuerbetrug und Steuerhehlerei lautet der Vorwurf. "Die
Behörden wollen uns einschüchtern, weil sie Angst haben, dass wir im Recht
sind", sagt Burmeister.
75 Prozent Tabaksteuer
Falls die Option mit den Azoren scheitert,
will der Verein heimische Flächen pachten und für die Verarbeitung des
Tabaks mit Profis kooperieren. "Jetzt erst Recht", gibt Fuhrmann
als Devise aus. Dass der blaue Dunst gesundheitsgefährdend ist, fechten sie
nicht an. "Aber Rauchen ist für mich eine persönliche Freiheit, die mir
nicht durch die hohe Steuer und die Rauchergesetze genommen werden darf."
Bei einer Packung zum Preis von vier Euro entfallen laut der Kölner
Oberfinanzdirektion drei Euro auf Steuern.