Nach Erdebeben

Soforthilfe für beschädigte chinesische Staudämme

15.05.2008

Das Erdbeben forderte rund 50.000 Tote. Erstmals sind ausländische Rettungsteams im Katastrophengebiet. Gefahr: Staudämme sind beschädigt.

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Chinas Regierung hat am Freitag eine Soforthilfe von 53 Millionen Yuan (rund 5 Millionen Euro) zur Untersuchung der Dämme bereitgestellt, die durch das Erdbeben beschädigt worden sind. Mit dem Geld sollen die zerstörten Einrichtungen zur Kontrolle der Wasserreservoirs und zur Wetterbeobachtung repariert werden, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Oberhalb der Stadt Beichuan, wo tausende Verschüttete noch unter Trümmern liegen, hatte ferner ein großer Erdrutsch den Jianjiang-Fluss blockiert.

Seuchengefahr
Nach dem verheerenden Erdbeben in China mit möglicherweise bis zu 50.000 Toten wächst die Seuchengefahr. Die Regierung mahnte, dass die Leichen möglichst schnell und abseits von Wasserquellen oder bewohnten Gebieten beerdigt werden sollten. Vier Tage nach der Katastrophe in der südwestchinesischen Provinz Sichuan wurden am Freitag noch tausende Verschüttete unter den Trümmern vermisst. Offiziell bestätigt sind bisher rund 20.000 Tote.

Die Überlebenschancen schwinden mit jeder Stunde. Mehr als 100.000 Menschen sind verletzt. Es mangelte an Medikamenten, Blutkonserven, Trinkwasser und Nahrung. Nach Ministerpräsident Wen Jiabao, der seit Montag die Bergungsarbeiten koordiniert, ist am Freitag auch Staats-und Parteichef Hu Jintao in die südwestchinesische Provinz Sichuan geflogen. Unterdessen haben Soldaten und Polizisten alle 58 betroffenen Bezirke in dem Katastrophengebiet erreicht, wie staatliche Medien meldeten.

Das Wasser staute sich an der Barriere aus Geröll und Felsen zu einem See. Die Behörden warnten vor einer Flutwelle und haben am Mittwoch die Bergungsarbeiten in der Stadt zeitweise eingestellt, wie chinesische Medien am Donnerstag berichteten.

Rettungstrupps und Bewohner suchten Zuflucht in höher gelegenen Gebieten, berichtete die Zeitung "Guangzhou Ribao". Einige Retter, darunter Feuerwehrleute mit speziellem Bergungsgerät kehrten später aber ungeachtet der Gefahr in die Stadt zurück. "Wenn die Blockade im Fluss bricht, wird eine Flutwelle die Stadt überschwemmen", warnte ein Experte. "Die Verschütteten werden alle umkommen."

Provinz Sichuan betroffen
Eine "beträchtliche Zahl" von Wasserprojekten ist durch das Erdbeben in der Provinz Sichuan beschädigt. "Dammbrüche können zu massenhaft Opfern führen, wenn die Inspektionen und die Rettungsarbeiten nicht rechtzeitig erfolgen", warnte der Vizeminister für Wasserressourcen laut "China Daily" in einer Telefonkonferenz mit Behörden in Sichuan und anderen betroffenen Provinzen.

Im Landkreis Maoxian waren zwei Staudämme so "schwer beschädigt", dass Evakuierungen angeordnet wurden, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Auch von einem der beiden großen Staudämme im Erdbebengebiet in Zipingpu drohte zunächst Gefahr für die Stadt Dujiangyan. Die Staumauer zeigte Risse. Um den Druck zu verringern, wurde Wasser aus dem Reservoir abgelassen. Nach einer Inspektion teilten die Behörden aber später mit, dass der Staudamm sicher sei.

Zerstörerisches Erdbeben
Niemals seit der Staatsgründung im Jahr 1949 sei ein Erdbeben so zerstörerisch gewesen, sagte Regierungschef Wen Jiabao nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Es sei stärker gewesen als das Erdbeben im Juli 1976 in Tangshan in Nordostchina mit rund 240.000 Toten, das als das folgenschwerste des 20. Jahrhunderts gilt. Rettungstrupps haben nach Angaben des Gouverneurs von Sichuan bisher mehr als 13.000 Menschen lebend aus den Trümmern ziehen können. Neue Gefahr drohte durch Schäden an mehr als 500 Staudämmen im Erdbebengebiet. Sollten sie brechen, könnten weite Landstriche überflutet werden.

Die Seuchengefahr rückte immer weiter in den Mittelpunkt. Regierungschef Wen Jiabao mahnte, dem Ausbruch von Epidemien besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Das Parteiorgan "Renmin Ribao" (Volkszeitung) verbreitete am Freitag einen Aufruf: "Wir müssen gegenüber den potenziellen Gefahren höchst wachsam sein und vorbeugende Maßnahmen ergreifen." Vizegesundheitsminister Gao Qiang sagte, die Rettung von Leben habe in der ersten Phase nach der Katastrophe Vorrang, doch müssten jetzt die hygienischen Bedingungen, die Seuchenkontrolle und Vorbeugung besondere Beachtung finden.

Erstmals ausländische Rettungsteams
Erstmals in der Geschichte Chinas arbeiten auch ausländische Bergungsteams im Katastrophengebiet. Als erste kamen japanische Spezialisten. China hat weitere Angebote aus Südkorea, Singapur, Taiwan und Russland angenommen, Rettungsmannschaften zu schicken. Auch die Vereinten Nationen haben ihre Hilfe angeboten. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach den Familien der Opfer angesichts dieser "schrecklichen Tragödie" sein tiefstes Beileid aus.

Einige zehntausend Obdachlose verbrachten die vierte Nacht unter Planen im Freien. 50.000 Decken und 37.700 Zelte sind in Sichuan eingetroffen. Weitere 75.000 Zelte sollen folgen, berichtete das Verwaltungsministerium. Rund 10.000 medizinische Helfer aus Sichuan und anderen Provinzen sowie von Militär und Polizei seien im Einsatz. Mehr als 130.000 Soldaten sind mobilisiert. Die Regierung hat mehr als 670 Millionen Yuan (62 Millionen Euro) als Soforthilfe zur Verfügung gestellt.

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